Von diesen Personen, die ihre Rechte kennen, wissen lediglich etwas mehr als die Hälfte ausreichend über dieeinzelnen Schritte Bescheid, die <strong>zur</strong> Geltendmachung dieser Rechte zu unternehmen sind. Die befragten Personen,die weniger über die Verfahren informiert sind, kommen vor allem aus Frankreich, Spanien und in Italien, während diePersonen, die die zu unternehmenden Schritte überhaupt nicht kennen, ein Drittel <strong>der</strong> in Belgien und im VereinigtenKönigreich Befragten repräsentieren.50- Kenntnis über die notwendigen Schritte, die für die Geltendmachung <strong>der</strong> Ansprüche auf dieKostenübernahme für medizinische Leistungen zu unternehmen sind, bei den Personen, die ihre theoretischenAnsprüche kennen (in %)BE ES FR IT UK GesamtJa, auf jeden Fall 54,7 61,9 53,5 59,0 55,1 57,5Ja, jedoch nicht sicher 9,4 28,2 26,8 41,0 14,3 24,9Nein 35,9 9,9 19,7 0,0 30,6 17,7• Ein hürdenreicher Weg <strong>zur</strong> Geltendmachung <strong>der</strong> AnsprücheLediglich die zwei Drittel <strong>der</strong> Personen, die ihre Rechte kennen, haben Schritte unternommen, um diese Rechte geltendzu machen. In Belgien und in Frankreich ist dieser Anteil am niedrigsten (jeweils lediglich ein Drittel bzw. die Hälftehaben solche Schritte, allein o<strong>der</strong> mit Hilfe, unternommen). Sie gehören zu den zwei Län<strong>der</strong>n, in denen diebürokratischen Verfahren <strong>zur</strong> Geltendmachung <strong>der</strong> Rechte als Auslän<strong>der</strong> <strong>ohne</strong> Aufenthaltstitel zu den kompliziertestenzählen. In den südeuropäischen Län<strong>der</strong>n und im Vereinigten Königreich hingegen – sofern sie über ihre Rechte Bescheidwissen – hat die klare Mehrheit <strong>der</strong> Personen diese Schritte unternommen.51- Anteil all <strong>der</strong>jenigen Personen, die ihre theoretischen Ansprüche kennen und die Schritte unternommenhaben, um ihre Ansprüche auf die Kostenübernahme für medizinische Leistungen geltend zu machen (in %)BE ES FR IT UK GesamtJa 34,4 75,7 54,7 84,6 84,0 65,9Nein 62,5 23,2 45,3 15,4 16,0 33,1Weiß nicht 3,1 1,1 0,0 0,0 0,0 1,0Von den Personen, die entsprechende Schritte unternommen haben, um ihre Rechte geltend zu machen, geben mehrals die Hälfte an, dass sie mit mindestens einer Schwierigkeit im Laufe dieser Maßnahmen konfrontiert waren. Es handeltsich, in absteigen<strong>der</strong> Reihenfolge, um• administrative Probleme in 74 % <strong>der</strong> Fälle (Schwierigkeiten, Nachweise, zusammenzubekommen,missbräuchliche Antragstellung, ungünstige Öffnungszeiten, Weiterleitung <strong>von</strong> Büro zu Büro etc.);• Unkenntnis <strong>der</strong> Beratungsstellen (23 %);• Sprachschwierigkeiten (21 %).Ein Drittel <strong>der</strong> Personen, die <strong>von</strong> Problemen bei diesen Schritten berichten, geben außerdem Erfahrungen undbestimmte Hin<strong>der</strong>nisse an, <strong>der</strong>en Bewertung subjektiver erfolgt, <strong>der</strong>en Relevanz jedoch ernst zu nehmen ist, wie zumBeispiel die Angst vor einer Anzeige bei den Behörden o<strong>der</strong> einer Verhaftung (16 %), Verweigerung <strong>von</strong> Hilfe <strong>von</strong> Seiten<strong>der</strong> Sozialdienste (8 %) o<strong>der</strong> <strong>von</strong> im Gesundheitswesen tätigen Personen (8 %) o<strong>der</strong> auch die Angst vor Diskriminierungo<strong>der</strong> davor, nicht willkommen zu sein (6 %).74Bericht des European Observatory – Médecins du Monde
Im Endeffekt wurden zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Umfrage lediglich bei 60 % dieser Personen, die solche Schritte unternommenhaben, tatsächlich die Kosten übernommen. Wie<strong>der</strong> sind diese Anteile in Belgien und in Frankreich am niedrigsten(jeweils 50 % und 24 %), was <strong>von</strong> einem regelrechten „Spießrutenlauf“ zeugt, mit dem Menschen <strong>ohne</strong>Aufenthaltstitel konfrontiert sind, um ihre Rechte geltend zu machen 56 . In Spanien und in Italien ist die Lage amgünstigsten.52- Tatsächliche Kostenübernahme für medizinische Leistung zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Untersuchung bei den Personen,die die entsprechenden Schritte unternommen haben (in %)BE ES FR IT UK GesamtJa 50,0 67,2 24,0 100,0 60,0 59,8Abgelehnt 22,7 3,6 5,3 0,0 35,0 8,6In Bearbeitung 27,3 27,7 66,7 0,0 2,5 29,8Weiß nicht 0,0 1,5 4,0 0,0 2,5 1,8> C. ist seit sechs Monaten in Frankreich. Sie hat vor drei Monaten im Krankenhaus entbunden und ihr Babywird in <strong>der</strong> Fürsorge für Mutter und Kind betreut. Seit ihrer Ankunft hat ihr keine <strong>der</strong> im Gesundheitswesenbeschäftigten Personen, die sie getroffen hat (Arzt, Hebamme, Krankenhauspersonal) vorgeschlagen, beimStaat einen Antrag auf medizinische Hilfe für sich und ihre Familie zu stellen. Sie zeigt uns mehrereRechnungen für ärztliche Beratungen o<strong>der</strong> für Medikamente mit Kostenübernahmeblättern <strong>der</strong>Sozialversicherung, <strong>der</strong>en Nutzen sie nicht kennt. Der Antrag auf eine Krankenversicherung wird an dem Taggestellt, an dem sie zu Médecins du Monde in Paris geht. C., Rumänin, 21 Jahre alt, lebt seit sechs Monaten inFrankreich.Insgesamt wurden die Anteile <strong>von</strong> Personen, <strong>der</strong>en Gesundheitskosten tatsächlich übernommen wurden, in zweiunterschiedlichen Gruppen geschätzt: 1) <strong>von</strong> allen <strong>der</strong> in jedem Land befragten Menschen <strong>ohne</strong> Aufenthaltstitel und 2)<strong>von</strong> denen, die angesichts ihrer Situation und <strong>der</strong> Zugangsbedingungen, wie sie <strong>von</strong> den staatlichen Gesetzen <strong>der</strong>jeweiligen Län<strong>der</strong> vorgesehen sind, theoretisch einen Anspruch auf diese Kostenübernahme haben.Von <strong>der</strong> gesamten befragten Bevölkerungsgruppe wurden lediglich bei 22 % <strong>der</strong> Menschen <strong>ohne</strong> Aufenthaltstitel dieKosten für die <strong>medizinischen</strong> Leistungen tatsächlich übernommen, <strong>ohne</strong> bedeutende Unterschiede in Hinblick auf dasGeschlecht, das Alter o<strong>der</strong> die familiäre Situation <strong>der</strong> Personen. Dieser Anteil ist mit dem vergleichbar, <strong>der</strong> bei <strong>der</strong>vorherigen Umfrage <strong>der</strong> europäischen Initiative <strong>zur</strong> Beobachtung des Zugangs zu medizinischer Versorgung <strong>von</strong>Médecins du Monde, veröffentlicht im Jahr 2007, beobachtet wurde (24 %) 57 . In <strong>der</strong> Anfangsphase steigt er mit <strong>der</strong>Dauer des illegalen Aufenthaltes im Aufnahmeland: Bei lediglich 9,5 % <strong>der</strong> Personen, die seit weniger als einem Jahr<strong>ohne</strong> Aufenthaltstitel sind, werden die Kosten übernommen sowie auch bei 15,6 % <strong>der</strong> Personen, die sich seit einem Jahr<strong>ohne</strong> Aufenthaltstitel im Land befinden. Dagegen steigt dieser Anteil in <strong>der</strong> Bevölkerungsgruppe <strong>der</strong> Umfrage nichtmehr, wenn zwei Jahre überschritten sind (etwa 23 %), was wahrscheinlich mit einer Verzerrung durch die zwangsläufigselektive Rekrutierung <strong>von</strong> Befragten verbunden ist (diejenigen, bei denen die zwei Jahre überschritten sind und beidenen die Kosten für ihre <strong>medizinischen</strong> Versorgungen übernommen wurden, haben weniger Gründe zu kommen undsuchen häufiger Partnerprogramme auf).56. Erinnerung: Diese Anteile betreffen Personen, die theoretisch das Recht auf eine Kostenübernahme ihrer Gesundheits<strong>versorgung</strong> in Hinblick auf die gesetzlichenBestimmungen in diesen beiden Län<strong>der</strong>n haben (siehe die Beschreibung <strong>der</strong> Bedingungen hinsichtlich des Zugang <strong>zur</strong> <strong>medizinischen</strong> Versorgung je nach Land am Anfangdes Berichts).57. European Observatory on Access to Health Care. „European survey on undocumented migrants’ access to health care“, Paris, Médecins du monde, 2007.http://www.mdm-international.org/index.php ?id_rubrique=10.Bericht des European Observatory – Médecins du Monde 75