In den Übersee-Gebieten, wie Mayotte, ist es schwierig zu wissen, welche Gesetzestexte als angewendet zu betrachtensind und es wurden Fälle <strong>der</strong> Nichteinhaltung <strong>von</strong> Grundrechten beobachtet, insbeson<strong>der</strong>e was das Recht auf eineoffizielle Identität und das Schutz des Rechts auf Familienleben betrifft (Eltern werden abgeschoben, die Kin<strong>der</strong> bleibenallein auf <strong>der</strong> Insel). Bis zum Jahr 2005, als die Sozialversicherung eingerichtet wurde, war <strong>der</strong> Zugang <strong>zur</strong> <strong>medizinischen</strong>Versorgung für alle kostenlos. Seitdem existiert durch das System eine Abgrenzung zwischen den Versicherten, für diedie <strong>medizinischen</strong> Versorgungen kostenfrei bleiben, und den Nichtversicherten, die einen Pauschalbetrag zahlenmüssen. Diese Pauschalbeträge sind auch für Min<strong>der</strong>jährige gültig. Trotz <strong>der</strong> Empfehlungen <strong>der</strong> staatlichenGesundheitsbehörde für den Kampf gegen das Dengue- und das Chikungunyafieber herrschen in beiden Fällen, also inGuyana und Mayotte, in den Elendsvierteln <strong>menschen</strong>unwürdige und gefährliche Lebensbedingungen.Auslän<strong>der</strong> <strong>ohne</strong> AufenthaltstitelJede Person, die seit drei Monaten <strong>ohne</strong> Aufenthaltsgenehmigung in Frankreich lebt und <strong>der</strong>en finanzielle Mittelmonatlich weniger als 621 Euro betragen, hat Anspruch auf eine aide médicale d’état (AME = staatliche medizinischeBeihilfe). Sie hat somit Zugang <strong>zur</strong> <strong>medizinischen</strong> Versorgung mit einer Kostenübernahme <strong>von</strong> 100 % <strong>ohne</strong>Kostenvorschüsse leisten zu müssen. Für alle Prothesen (Zahnersatz, optische Prothesen) ist die Kostenübernahmejedoch bekanntermaßen ungenügend. Die AME ist ein Jahr lang gültig und muss jedes Jahr erneuert werden. Für dieErneuerung müssen die gleichen Dokumente vorgelegt werden. Menschen <strong>ohne</strong> Aufenthaltstitel, die ihren Aufenthalt<strong>von</strong> mehr als drei Monaten nicht nachweisen können, haben Anspruch auf eine Übernahme <strong>von</strong> Krankenhauskosten fürBehandlungen, die als dringend notwendig erachtet werden (Schwangerschaften, Schwangerschaftsabbrüche etc.).Kin<strong>der</strong> <strong>von</strong> Eltern <strong>ohne</strong> Aufenthaltstitel und unbegleitete Min<strong>der</strong>jährigeDie min<strong>der</strong>jährigen Kin<strong>der</strong> <strong>von</strong> Eltern <strong>ohne</strong> Aufenthaltstitel (Min<strong>der</strong>jährige können nicht als Menschen <strong>ohne</strong>Aufenthaltstitel betrachtet werden) sind <strong>von</strong> <strong>der</strong> Mindestaufenthaltsdauer <strong>von</strong> drei Monaten ausgenommen (dank einerBeschwerde <strong>von</strong> Nichtregierungsorganisationen). Unbegleitete Min<strong>der</strong>jährige müssen unter den Schutz eines Richtersfür Kin<strong>der</strong> und einer Jugendfürsorge (ASE) gestellt werden: Somit haben sie Zugang <strong>zur</strong> Sozialversicherung und <strong>zur</strong>zusätzlichen CMU (Kostenübernahme <strong>von</strong> 100 %).Europäische Bürger <strong>ohne</strong> ausreichende finanzielle Mittel und <strong>ohne</strong> KrankenversicherungEU-Bürger haben, gemäß <strong>der</strong> europäischen Richtlinie 2004/38/EG über „die Freizügigkeit und das Aufenthaltsrechteuropäischer Bürger“ einerseits und gemäß dem „Gesetz über die Einreise und den Aufenthalt <strong>von</strong> Auslän<strong>der</strong>n und überdas Asylrecht“ an<strong>der</strong>erseits, einen Aufenthaltsanspruch abhängig <strong>von</strong> ihrer Situation (Arbeiter, Studenten,Nichtarbeitende). Die Beschränkungen des Aufenthaltsrechts <strong>von</strong> drei Monaten für europäische Bürger gelten fürnichtarbeitende Staatsangehörige <strong>der</strong> EU und für Studenten, die nur dann als Personen mit geregelterAufenthaltsgenehmigung betrachtet werden, wenn sie eine gültige Krankenversicherung besitzen und überausreichende finanzielle Mittel verfügen, um für das Sozialversicherungssystem keine „unvernünftige“ Belastungdarzustellen. Somit verlieren EU-Bürger <strong>ohne</strong> finanzielle Mittel und <strong>ohne</strong> Krankenversicherung, die sich länger als dreiMonate (Zeitraum <strong>der</strong> Freizügigkeit) in Frankreich aufhalten, ihre Aufenthaltserlaubnis und können so, wie die an<strong>der</strong>enPersonen <strong>ohne</strong> Aufenthaltstitel, staatliche medizinische Hilfe erhalten.Schutz <strong>von</strong> schwer erkrankten Auslän<strong>der</strong>n (<strong>ohne</strong> tatsächlichen Zugang <strong>zur</strong> <strong>medizinischen</strong> Versorgung imHerkunftsland)Die Aufenthaltserlaubnis mit dem Vermerk „Privat- und Familienleben“, die ein Jahr lang gültig und verlängert werdenkann, wird dem Auslän<strong>der</strong> bewilligt „<strong>der</strong> seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Frankreich hat, und dessenGesundheitszustand eine Übernahme <strong>der</strong> <strong>medizinischen</strong> Kosten erfor<strong>der</strong>t, <strong>der</strong>en Wegfall für ihn Folgen <strong>von</strong>außergewöhnlicher Schwere haben könnte. Dies gilt unter dem Vorbehalt, dass er in dem Land, aus dem er stammt,tatsächlich keine angemessene Behandlung erhält“ (Artikel L.313-11 11. Absatz des Gesetzes über die Einreise und denAufenthalt <strong>von</strong> Auslän<strong>der</strong>n und über das Asylrecht).22Bericht des European Observatory – Médecins du Monde
Die Entscheidung, ob eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt wird, fällt die Verwaltungsbehörde nach dem Gutachten deszuständigen Amtsarztes des öffentlichen Gesundheitswesens hinsichtlich des Aufenthaltsortes <strong>der</strong> betreffenden Person.Der erkrankte Auslän<strong>der</strong> benötigt einen vollständigen Bericht über seinen Gesundheitszustand, <strong>der</strong> <strong>von</strong> einemKrankenhausarzt o<strong>der</strong> <strong>von</strong> einem zugelassenen Arzt verfasst sein muss. Außerdem sind sämtliche Auskünfte bezüglichdes Nicht-Zugangs zu Behandlungen in seinem Herkunftsland hilfreich.Das Ministerium für Immigration, Integration, nationale Identität und solidarische Entwicklung hat auf seiner Intranet-Plattform für Präfekte und Amtsärzte des öffentlichen Gesundheitswesens (auf <strong>der</strong> Intranetseite desGesundheitsministeriums) Informationsblätter hinsichtlich <strong>der</strong> <strong>medizinischen</strong> Behandlung in 28 Län<strong>der</strong>n online gestellt,die häufig Fehler enthalten und unvollständig o<strong>der</strong> sogar einseitig sind.Die zwei Hauptprobleme sind folgende:• Die Verletzung <strong>der</strong> ärztlichen Schweigepflicht: Die Präfekten verlangen <strong>von</strong> Ärzten, ihnen die Art <strong>der</strong>notwendigen Behandlung zu nennen, um anhand <strong>der</strong> Informationsblätter zu überprüfen, ob <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>abgeschoben werden kann o<strong>der</strong> nicht;• Der tatsächliche Zugang <strong>zur</strong> Behandlung, <strong>der</strong> im Zusammenhang mit diesem neuen System nichtberücksichtigt wird: Die Informationsblätter weisen je nach Land lediglich auf das Vorhandensein <strong>der</strong>Behandlungen hin (auch wenn beispielsweise eine Behandlung für eine konkrete Krankheit nur in einemeinzigen Krankenhaus o<strong>der</strong> einer Privatklinik existiert und auch nur denen vorbehalten ist, die sie amdringendsten benötigen).Durch dieses Gesetz, das seit 1998 schwer erkrankte Auslän<strong>der</strong> schützt, konnten zahlreiche Leben gerettet werden. Esgilt weiterhin als ein Vorbild auf europäischem Ebene, nachdem nachgewiesen werden konnte, dass es in Verbindungmit diesem Gesetzes keinen „pull factor“ <strong>von</strong> erkrankten Auslän<strong>der</strong>n in Frankreich gab: Tatsächlich ist die gleichmäßigeZunahme <strong>der</strong> bewilligten Aufenthaltsgenehmigungen darin begründet, dass es sich um chronische Krankheiten handeltund dass die Aufenthaltsgenehmigungen somit Jahr für Jahr erneuert werden.IN GRIECHENLAND (EL)Die Umfrage bezog sich auf 118 Personen, die 2 Polikliniken <strong>von</strong> Médecins du Monde aufsuchten:• 68 Befragte in Thessaloniki• 50 Befragte in AthenBei den Menschen, die nicht an <strong>der</strong> Umfrage teilgenommen haben, handelt es sich hauptsächlich um Personen, dieaufgrund <strong>von</strong> Sprachschwierigkeiten nicht befragt werden konnten.In den Polikliniken, leisten die Teams, die aus Ärzten, Krankenpflegerinnen, ehrenamtlichen Mitarbeiter und Psychologenbestehen, medizinische Hilfe und bieten je<strong>der</strong> Person, die keinen Zugang zum regulären Gesundheitssystem hat - alsoPersonen <strong>ohne</strong> finanzielle Mittel, <strong>ohne</strong> Krankenversicherung, <strong>ohne</strong> Wohnung, Roma-Migranten, Asylbewerbern,Menschen <strong>ohne</strong> Aufenthaltstitel etc. - soziale Unterstützung.Der Zugang <strong>zur</strong> <strong>medizinischen</strong> Versorgung in GriechenlandDas griechische Gesundheitssystem wurde 1983 begründet. Sämtliche Beschäftigte sind über eine gesetzlicheKrankenversicherung abgesichert. Das Gesundheitswesen ist in drei Gruppen unterteilt: Einrichtungen fürErstbehandlungen, Bezirkskrankenhäuser und Regionalkrankenhäuser. Die Finanzierung für medizinische Leistungenerfolgt über Beträge und Subventionen des Staates.Der Zugang zu ärztlichen Beratungen ist im staatlichen Gesundheitssystem kostenlos. Dagegen gehen 25 % <strong>der</strong> Kostenfür Medikamente jedoch zulasten des Patienten.Bericht des European Observatory – Médecins du Monde 23