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A R B E I T S B E R I C H T E - Geographisches Institut

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modernes Verkehrsnetz. Das gilt f ür die Küstenstraßen genauso wie f ür einige Gebirgsstraßen. Grundvoraussetzungen<br />

für die Tourismusentwicklung wurden seit den 50er Jahren geschaffen. Besonders Hotels, die nach<br />

Möglichkeit den nordamerikanischen Vorstellungen entsprechen (Zimmer mit Bad/WC). 1968 verzeichnete der<br />

Hotelführer des staatlich mexikanischen Tourismusamtes 84.077 Hotelzimmer (148.345 Betten) in 343 Orten.<br />

In dem weder kulturell noch naturlandschaftlich hervorragenden Trockengebiet hat sich an der Nordgrenze eine<br />

Sonderform entwickelt (Grenztourismus). Der Ursprung lag in der Prohibitionszeit (1919 - 1933). Alkohol,<br />

Prostitution und Glücksspiel waren in Mexiko geduldet. Heute besteht ein großer Kontrast z.B. zwischen den<br />

Nachbarstädten wie San Diego und Tijuana. Vom traditionellen Mexiko ist hier nichts mehr zu spüren. Die<br />

meisten Touristen (international) kommen mit dem Flugzeug direkt nach Mexiko-Stadt oder in die großen<br />

Seebäder (1990: 4,3 Mio.).Die Summe der Einreisenden von 1960 (761.000) bis 1990 (6.393.000) ist<br />

durchschnittlich 25 % pro Jahr. Damit steht Mexiko im internationalen Fremdenverkehr der Dritten Welt an<br />

erster Stelle. Wenn im Jahr 2000 der Tourismus die größte Industrie der Welt sein wird, möchte Mexiko zu den<br />

10 wichtigsten Reiseländern der Welt gehören. Schon heute ist der Tourismus f ür Mexiko die zweitwichtigste<br />

Devisenquelle nach dem Erdölexport. Nach dem 2. Weltkrieg entdeckte man den Tourismus als neue Geldquelle.<br />

Es wurde ein Tourismus-Ministerium geschaffen und die FRONATUR gegründet (Fondo Nacional de Arestenica<br />

al Turismo), eine staatliche Förderung des Tourismus. Mitte der 60er Jahre wurden nach langen Studien eigens<br />

ausgesuchte Plätze f ür zukünftige Tourismuszentren beziehungsweise exklusive Badeorte festgelegt. 1970<br />

entsteht Cancun an der Karibikküste, 1971 Ixtapa am Pazifik. 1976 San Jose del Cabo und Loreto auf der<br />

Baja California und 1985 Huatulco an der Pazifikküste. Huatulco soll das größte von allen werden. Allein 1988<br />

wurden durch den Tourismus 2,5 Milliarden US-Dollar eingenommen, 1989 bereits 4 Milliarden, heute stellt die<br />

Tourismusbranche jeden 12. Arbeitsplatz (Hotels, Handel, Transportwirtschaft und Kunsthandwerk). 1990<br />

betrug das Tourismusaufkommen ca. 6,5 Mio. Besucher, geplant ist, daß jährlich 10 Mio. Touristen ins Land<br />

kommen und dabei jährlich 5 Milliarden Dollar im Land lassen. Die Regierung hob alle Importbeschränkungen auf,<br />

erließ ein neues Investitionsförderungsgesetz, liberalisierte den Luftverkehr (Charterflüge), schloß<br />

tourismusorientierte Abkommen mit der Privatwirtschaft ab, nur um die genannte Zielstellung zu realisieren.<br />

Mit Hilfe internationaler Geldgeber sollen der Ausbau des Verkehrswesen, der Transportmittel, der Flughäfen,<br />

der Neubau von Hotels, die Erhaltung und Erschließung weiterer archäologischer Stätten gefördert werden. Die<br />

hohe Auslandsverschuldung ist so drückend, daß Bedenken mit einher gehenden Tourismusnachteilen, wie zum<br />

Beispiel unausgewogene Regionalentwicklung, kaum Berücksichtigung finden. Ganze Landstriche sind aus dem<br />

ökonomischen, kulturellen und sozialen Gleichgewicht geraten. Nach Huatulco kommt man zum Beispiel nur,<br />

wenn Folklore auf dem Programm steht. Touristisch attraktives Land wird vom Staat fast entschädigungslos<br />

enteignet, aus selbst versorgenden Bauern und Fischern werden Lohnabhängige, für die es keine Industrie, keine<br />

Landwirtschaft mehr, nur noch Tourismus gibt. Die Not des Hinterlandes wird zum Elend des Lebens am Rande<br />

der Tourismusstädte. Tourismus bedeutet f ür Mexiko Abhängigkeit, denn das Wohl und Wehe der<br />

mexikanischen Tourismusbilanz hängt jedes Jahr vom Kommen und Wegbleiben der Amerikaner ab. Da reichen<br />

manchmal schon einige Negativzeilen und schon bleiben die Reiseströme aus und der mexikanische<br />

Staatshaushalt gerät aus den Fugen. Dominierend sind immer noch Touristen aus den USA und Kanada (90<br />

%). Neben dem internationalen Tourismus kommt auch dem Binnentourismus eine große Bedeutung zu. Der<br />

internationale Tourismus spielt nur in wenigen Orten und Gebieten eine entscheidende Rolle.<br />

Gedanken zum Massentourismus<br />

Leider ist Mexiko gezwungen, den Kommerztourismus so voranzutreiben, durch das Mißverhältnis zwischen<br />

Exportgütern und der Bezahlung dieser. Dem mexikanischen Finanzminister mögen jene Touristen am liebsten<br />

sein, die das meiste Geld im Land lassen, egal ob Individual- oder Pauschalreisende. Man muß sich von dem<br />

Gedanken frei machen, daß die Deviseneinnahme sich durch den Tourismus auf die positive Wirkung beschränkt.<br />

Es zeigt sich in Mexiko, daß trotz Tourismuseinnahmen sich bislang nicht grundlegend zum Besseren verändert.<br />

Eines ist sicher, daß die Massenreiselust unserer Zeit tief in die Kulturen und sozialen Strukturen fremder<br />

Völker eingreift wie die Eroberung und Kolonialisierung vergangener Zeiten. Die bittere Vision Hans-Magnus<br />

Enzensbergers, daß wir das zerstören, wonach wir suchen, indem wir es finden, gilt immer noch. Tou rismus läßt<br />

sich nicht einfach abstellen oder verbieten oder gar Feldzüge gegen die Lust des Reisens zu f ühren. Vielleicht<br />

läßt sich aber touristisches Verhalten ändern. Ansätze gibt es. Kritiker sagen: Tourismus ist wie ein Baum - er<br />

kann reiche Früchte tragen, doch wird er nicht beschnitten, verwuchert er.<br />

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