A R B E I T S B E R I C H T E - Geographisches Institut
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Nach 1940 fand mit Ausnahme der ökonomisch zurückgebliebenen ländlichen Regionen wie den Bundesstaaten<br />
Oaxaca, Guerrero, Zacatecas und Chiapas ein rascher Verstädterungsprozeß statt.<br />
198<br />
Entwicklung der Einwohnerzahlen und Verstädterungsgrad in Mexiko zwischen 1950 und 1990 13<br />
In den 40er Jahren kamen die ersten Dezentralisierungsinitiativen in Mexiko auf, die seit den 70er Jahren forciert<br />
und seit dem Erdbeben in Mexiko-Stadt (September 1985) zu einem der dringendsten politischen Zielen der<br />
Regierung wurden.<br />
Die gewerbliche und industrielle Dezentralisierungspolitik<br />
Unter der industriellen Dezentralisierung ist vor allem die Verlagerung der industriellen Betriebe aus Mexiko-<br />
Stadt zu verstehen, wo es zu einer Konzentration der Industrieanlagen und der Produktion von nahezu der<br />
Hälfte der Gesamtproduktion des Landes kam (1980 = 48 %). Zur Entlastung der Zentralregion wurde das Programm<br />
der Industrieparks und -städte im Jahre 1953 mit der Gründung des Industrieparks in Ciudad Sharagún,<br />
80 km nordöstlich der Hauptstadt ins Leben gerufen. Dies geschah nach Vorbild des Trafford-Parks in Manchester.<br />
Zwischen 1950 und 1960 wurden insgesamt vier Industrieparks außerhalb der Hauptstadt gegründet,<br />
bis 1970 kamen zehn weitere hinzu. Zu Beginn der 90er Jahre stieg die Zahl auf über 100 an. Verschiedene<br />
Einzelprojekte der 70er Jahre, wie z.B. steuerliche Anreize f ür Firmenansiedlungen außerhalb der Hauptmetropolitangebiete<br />
blieben ineffektiv, da diese gegen über den marktwirtschaftlichen Kräften der Standortkonzentration<br />
in der Hauptstadt viel zu schwach waren. 1979 wurde ein nationalen Industrieentwicklungsplanes (Plan<br />
Nacional de Desarrollo Industrial) erstellt, welcher verschiedene Prioritätszonen f ür Industriehäfen, zur städtischen<br />
Industrieentwicklung und zum Ausbau von Gewerbeparks beinhaltete. Diesem stand allerdings der 1978<br />
beschlossene Stadtentwicklungsplan in Metropolitangebieten (Plan Nacional de Desarrollo Urbano) gegen über,<br />
von welchem Dezentralisierungseffekte ausgehen sollten.<br />
Die politisch-administrative und funktionale Dezentralisierungspolitik<br />
Durch die „Grenzen des Wachstums“ in Mexiko-Stadt wurde die Dezentralisierungs- und Dekonzentrationspolitik<br />
ab 1977 institutionalisiert und das neu geschaffene Ministerium f ür Asentamientos Humanos y Obras Públicas<br />
als zuständig ernannt. 1978 wurde der Plan Nacional de Desarrollo Urbano erstellt und in den folgenden<br />
Jahren bzw. Präsidentschaftsperioden jeweils angepaßt und aktualisiert. Unter dem Präsidenten Miguel DE LA<br />
MADRID kam es 1983 zu einer Änderung des § 115 der Nationalverfassung, welcher den Gemeinden nun das<br />
Recht zur autonomen Planung gewährte. Zusätzlich wurden die kommunalen Kompetenzen durch das Überlassen<br />
der Einnahmen aus der Grund- und Bodensteuer in der Gemeindereform gestärkt. Um dem Land eine<br />
neue Regionalstruktur zu verleihen wurde das „ Konzept der Mittelstädte“ verabschiedet. Mittelstädte sind in<br />
Mexiko in einer Größenordnung von 100.000 bis 1 Mio. Einwohner definiert. Insgesamt 59 Städte dieser A r t<br />
sollten entsprechend dem Stadtentwicklungsprogramm 1984 - 88 (Programa de Desarrollo Urbano) so<br />
attraktiv gestaltet werden, daß der Immigrantenstrom nach Mexiko-Stadt gebremst würde. Dieser Plan konnte<br />
jedoch zu dieser Zeit nicht zuletzt wegen der Kapitalnot des Landes nur unzureichend umgesetzt werden. In dem<br />
„ Konzept der Alternativstädte“ wurden 21 Städte zur Entlastung der metropolitanen Zone, einschließlich der<br />
Randstädte Toluca, Cuernavaca, Puebla und Pachua ausgewiesen. Guadalajara und Monterrey waren bereits<br />
selbst als entlastungsbedürftig klassifiziert. Nach dem Erdbeben in Mexiko-Stadt im September 1985 kam es zu<br />
einem verstärkten Ruf nach Dezentralisierung, in dessen Zuge es zu einer Verlegung von Bundes- und Verwaltungsbehörden<br />
in andere Bundesstaaten kam, wie z.B. nach Cuernavaca, Aguas Calientes, Pachua, Puebla<br />
oder Morelia. Die Verlegung dieser Behörden ließ sich durch die direkten Eingriffsmöglichkeiten des Staates<br />
schnell realisieren. Zwischen 1990 und 1994 erarbeitete das SEDUE-Ministerium (Staatliches Stadtentwicklungsministerium)<br />
ein weiteres nationales Stadtentwicklungsprogramm (Sistemas urbano-regionales), welches<br />
neben einer Regionalisierung des Städtesystems die subregionalen Dienstleistungsfunktionen sowie zahlreiche<br />
Zentren der „ Stadt-Land-Integration“ bestimmte. Ab 1994 ist eine zunehmende Tendenz des Verbleibs von<br />
Zuwanderern in den „ schnellwachsenden Mittelstädten“ (500.000 bis 1 Mio. Einwohner) festzustellen, was als<br />
13 Quelle: GEOGRAPHISCHE RUNDSCHAU 1993, H. 7-8, S. 401