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A R B E I T S B E R I C H T E - Geographisches Institut

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Entwicklungsmöglichkeiten für den ländlichen Raum in Mexiko: Das Beispiel der Sonderkulturen<br />

und der kleinindustriellen Weiterverarbeitung zu Folgeprodukten (Tequila, Mezcal und Pulque)<br />

Wie bereits in der Gegend nördlich von Puebla am Beispiel der Cidreproduktion zu sehen war, können Sonderkulturen<br />

regional einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor darstellen. Unter dem Begriff Sonderkultur werden die<br />

Agrarkulturen zusammengefaßt, die in eine übliche Fruchtfolge nicht einzuodnen sind, vorwiegend von Kleinbetrieben<br />

bewirtschaftet werden, meist mehrjährig sind und durch hohe Arbeitsintensivität gekennzeichnet sind. 21<br />

Die f ür Agavenanbau günstige Lage und der zur Weiterverarbeitung zu Pulque, Mezcal und Tequila erforderliche<br />

geringe technologische Aufwand machen den Anbau zu einem bedeutenden Erwerbszweig f ür viele Kleinbauern.<br />

Hinzu kommt für normalen Feldbau eine zu geringe Bodenqualität.<br />

Das Gerücht, Mezcal sei destillierte Pulque, erfordert zu allererst eine klare Begriffsunterscheidung. Bei allen<br />

drei Produkten ist die Basis der Pflanzensaft oder das aguamiel verschiedener Agavenpflanzen. Vier verschiedene<br />

Agavensorten eignen sich f ür die Herstellung von guter Pulque. Der Saft dieser Agaven durchläuft<br />

lediglich einen einzigen Fermentierungsprozeß.<br />

Mezcal kann sogar aus sechs verschiedenen Agavensorten gewonnen werden. Es sind jedoch andere Arten als<br />

die f ür die Pulquegewinnnung. Während die zuerst genannten Produkte in relativ vielen Gebieten Mexikos hergestellt<br />

werden, handelt es sich bei Tequila um eine spezielle Sorte des Mezcal, der aus einer einzigen Agavenart<br />

gewonnen wird, die zudem lediglich in einer bestimmten Region des Landes angepflanzt wird. Tequila und<br />

Mezcal sind zweifach destillierte Produkte mit ca. 40 Vol.% Alkohol. Pulque hat hingegen einen Alkoholgehalt<br />

von ca. 6 Vol%.<br />

Pulque<br />

In puncto Tradition, inländischem Konsum und ökonomischer Bedeutung ist Pulque gegenüber den anderen beiden<br />

Getränken immer noch f ührend. Auch wenn die Beziehung Mensch - Agave seit nunmehr 10.000 Jahren<br />

besteht22 , wird das Alter von Pulque auf 2.000 Jahre geschätzt. Seither haben sich besonders in den präkolumbianischen<br />

Gesellschaften viele Mythen und Riten um dieses Getränk gesponnen. Wurde es früher vor allem in<br />

religiöse Zeremonien eingebunden, ansonsten der Konsum jedoch stark beschränkt, entfallen heute 10 % des in<br />

Mexiko konsumierten Alkohol auf Pulque. Dabei handelt es sich um ein Getränk von geringer Haltbarkeitsdauer.<br />

Binnen zweier Wochen verdirbt Pulque und sie ist von daher nicht frei zu kaufen, sondern nur in den Pulquerias,<br />

einer speziellen Art von Bar erhältlich.<br />

Neben dem Alkohol sind als wichtige Inhaltstoffe der Pulque noch die Vitamine des B- und C-Komplexes sowie<br />

viele Aminosäuren zu nennen.<br />

Präkolumbianische Phase<br />

Die Folgen übermäßigen Alkoholgenusses war den präkolumbianischen Völkern durchaus bekannt und der selbe<br />

folglich verboten. Auf den Verstoß gegen diese Regel stand f ür Priester und Angegörige der herrschenden<br />

Klasse die sofortige Todesstrafe; bei Mitgliedern der Unterschicht wurde sie erst im Wiederholungsfall angewendet.<br />

Eingesetzt wurde Pulque f ür medizinische Zwecke und bei heiligen Riten. So war ein Schluck Pulque,<br />

genossen auf nüchternen Magen, ein beliebtes Mittel zur Behebung von Verdauunsstörungen. Die antiseptische<br />

Wirkung von Pulque wirkte gegen Infektionen. Selbst die Syphillis wurde mittels bemerkenswerter Pulquemengen<br />

zu bekämpfen versucht. Eine der erwähnten heiligen Riten waren die letzten fünf Tage des Jahres, an dem der<br />

Konsum von Pulque regelrecht zelebriert wurde. 23<br />

21 vgl. L ESER 1997, S. 789<br />

22 vgl. HENESTROSA 1997, S. 16<br />

23 vgl. DE BARRIOS 1991, S. 18<br />

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