A R B E I T S B E R I C H T E - Geographisches Institut
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Land verfügt einmal abgesehen, gibt es ansonsten keine weitere staatliche Unterstützung f ür diese Art von<br />
Wohnungsbau. Allein der Fakt der Landzuteilung darf in seiner Bedeutung nicht unterschätzt werden. Daß<br />
bestimmten Bevölkerungsgruppen Baulandabschnitte zugewiesen werden, stellt ein soziales Element dar, wie es<br />
sonst in Mexiko nicht üblich ist. Allerdings können nicht alle Bevölkerungsteile in die Lage kommen, von diesem<br />
Wohnungsbau zu profitieren, denn die verschiedenen Besitzer des Landes vergeben dieses lediglich an soziale<br />
Gruppen, bei denen sie ein Interesse daran haben, sie mit akzeptablem Wohnraum zufrieden zu stellen. Auch<br />
werden auf diese Weise oft bestimmte Personen f ür geleistete Dienste entlohnt. So verwundert es nicht, daß<br />
hier hauptsächlich Beamte, Gewerkschaftler, Angestellte im öffentlichen Dienst oder sonst dem Staat<br />
ergebene Personen wohnen. Die öffentliche Leistung beschränkt sich, wie schon erwähnt, auf das Bereitstellen<br />
von Bauland. Ansonsten erfolgt die Errichtung der Häuser zwar nach einheitlichen Vorgaben, aber im großen<br />
und ganzen doch in Eigenregie. Die Bauarbeiten werden von den zuk ünftigen Bewohnern zu Teilen selbst<br />
durchgeführt. Dies ist der Qualität der Bauten nicht unbedingt zuträglich. Oftmals handelt es sich auch hier um<br />
einfache Unterkünfte, deren Lebenserwartung meist die der Bewohner nicht übertrifft. Allerdings ist in diesen<br />
Gebieten zumindest die Versorgung mit Infrastruktureinrichtungen gesichert. Auch wenn diese Art sozialen<br />
Wohnungsbaus im Vergleich mit Westeuropa geradezu schlicht erscheint, so zählen doch diejenigen, die das<br />
Privileg haben hier zu wohnen nicht zu den Armen der Gesellschaft. Sie stehen in Lohn und Brot und geh ören<br />
zum eigentlichen Mittelstand des Landes an. Die Bezeichnung „sozialer Wohnungsbau“ ist im Grunde nur bedingt<br />
gerechtfertigt, da dieses Segment des Wohnungsmarktes den wirklich sozial Benachteiligten nicht zugänglich ist.<br />
Sonntag, 13. September<br />
Cholula<br />
Einige Kilometer westlich der Stadt Puebla befindet sich der Ort Cholula. Dabei handelt es sich um eine sehr<br />
alte indianische Siedlung. Im Grunde genommen ist Cholula mit seiner ununterbrochenen 2.500 jährigen<br />
Siedlungsgeschichte einer der ältesten Orte Mesoamerikas. Als wichtigster Sitz des Kults um Quetzalcóatl<br />
krönt die Stadt die vom Volumen her größte Pyramide der Erde. Zwar ist sie nicht so hoch wie die Cheops-<br />
Pyramide in Ägypten, jedoch ihr Grundriß ist großzügiger angelegt, wodurch sie ein größeres Volumen erhält.<br />
Um 800 - 200 v.u.Z. siedelten die ersten Bewohner in Cholula. Aus der Zeit um 200 v.u.Z. stammt auch das<br />
älteste Heiligtum. Cholula erlebte in der Klassik einen schwunghaften Aufstieg und wurde im 1. Jahrtausend zu<br />
einem bedeutenden religiösen und städtischen Zentrum. Wahrscheinlich lag die Hochphase der Stadt in der Zeit,<br />
in der die Hegemonialmacht Teotihuacán ihren Niedergang erfuhr. Cholula könnte so vom entstandenen<br />
Machtvakuum profitiert haben. Der Niedergang des kulturellen Zentrums setzte um das Jahr 700 ein. Die große<br />
Pyramide verlor ihre Bedeutung als Tempelanlage und die Siedlung verlor einen Großteil ihrer Einwohner. In der<br />
postklassischen Zeit (1200 - 1521) erfolgte dann ein Wiederaufstieg Cholulas. In dieser Phase befand sich hier<br />
das wichtigste Kult- und Handelszentrum der zentralen Hochebene. Vor dem 12. Jahrhundert wurde Cholula<br />
hauptsächlich von den Olmeca-Xicalanca bewohnt, die nicht mit den Olmeken der La-Venta-Kultur identisch<br />
sind. Im Jahre 1168 ließen sich aus Tula stammende Tolteken und Chichimeken hier nieder, die vorerst von den<br />
bisherigen Bewohnern unterdrückt wurden, sich aber bald selbst zu deren Herrschern aufschwangen. Von da an<br />
trug die Stadt den Namen Tollan-Cholollan-Tlachihualtepetl, was so viel heißt wie: „ die große Stadt derer, die<br />
dorthin flohen, wo der große künstliche Hügel ist“. Unter den Tolteken wurde Quetzalcóatl als Schutzgott der<br />
Siedlung zur hauptsächlichen mythischen Figur. An der Stelle des Tempels, in dem dieser Gott verehrt wurde,<br />
befindet sich heute im Zentrum der Stadt das Kloster San Gabriel. Während der Konquista spielte Cholula<br />
ebenfalls eine wichtige Rolle, denn es war der Schauplatz eines der schlimmsten Massaker, die in die Verantwortung<br />
von Hernán CORTÉS fielen. Dieser war im Jahre 1519 zunächst von den Einwohnern der Stadt freundlich<br />
in Empfang genommen worden. Als er allerdings weiterziehen wollte, kam es zur Katastrophe. Wahrscheinlich<br />
hatten die Bewohner auf Anweisung MOCTEZUMAS tatsächlich das Leben der Spanier bedroht. Denkbar ist<br />
aber auch, daß die Tlaxcalteken, die mit CORTÉS verbündet waren und ihn vor einem Hinterhalt warnten, dies<br />
taten, um das, was dann wirklich geschah, herbeizuführen. Den Spaniern wurden von den Chololteken die Nahrungsmittel<br />
verweigert, die sie zur Weiterreise benötigten. Daraufhin ließ CORTÉS einige indianische Parlamentäre<br />
in einem Tempel einschließen, warf ihnen Verrat vor und ließ sie ermorden. Danach wurde das Massaker<br />
auf die ganze Stadt ausgeweitet und es fanden wahrscheinlich bis zu 10.000 Menschen den Tod. Dabei machten<br />
die Spanier keinen Unterschied zwischen Frauen, Männern und Kindern. Der Anblick muß grausam gewesen<br />
sein, doch CORTÉS hatte sein Ziel erreicht. Die von der Nachricht des Massakers geschockten aztekischen<br />
Krieger wagten es nicht mehr ihn anzugreifen, so daß MOCTEZUMA sein Heil darin suchen mußte, die Spanier<br />
freundlich in Tenochtitlán zu empfangen, was letztendlich seinen Untergang bedeutete. Trotz des Erfolgs der<br />
Aktion erntete CORTÉS aus Europa scharfe Kritik, denn solche Massaker waren gegen jedes christliche Gebot<br />
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