A R B E I T S B E R I C H T E - Geographisches Institut
A R B E I T S B E R I C H T E - Geographisches Institut
A R B E I T S B E R I C H T E - Geographisches Institut
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Mitla ist ein kleiner Ort 42 km östlich von Oaxaca in einem ehemals schwer zugänglichen Tal gelegen. Auch<br />
wenn archäologische Funde in der Umgebung auf eine Zeit von 5.000 bis 3.000 Jahre v.Chr. datiert werden 4 ,<br />
gehen andere Untersuchungen von einer permanenten Besiedlung der Ortschaft seit ca. 1.000 v.Chr. aus 5 . Als<br />
erwiesen gilt in jedem Fall, daß eine Besiedlung in Mitla während der Blütezeit von Monte Albán zwischen 100<br />
bis 800 n.Chr. vorhanden war. Bedeutung erlangte die Stadt jedoch erst zum Ende der Blütezeit Monte Albáns<br />
ab 750 n.Chr.. Mitla wurde hinsichtlich wirtschaftlicher und politischer Aspekte zu einem wichtigen Zentrum der<br />
Zaptoken und entwickelte sich zum wichtigsten religiösen Zentrum des zaptokischen Reiches 6 . Die Ortschaft<br />
versorgte die Siedlungen des östlichen Tals von Oaxaca und der Sierra Mixe. Eine starke religiöse und wirtschaftliche<br />
Bedeutung konnte sich Mitla lange wahren. Über die Dimension der Bedeutung Mitlas zu Hochzeiten<br />
herrscht keine Klarheit. Einigkeit besteht jedoch wiederum in der Meinung, daß Mitla erst im 19. Jahrhundert zu<br />
einem unbedeutenden Dorf degradierte. Heute wird die historische Bedeutung dadurch hervorgehoben, daß Mitla<br />
das letzte prähispanische Zentrum mit monumentalen Konstruktionen im Gebiet von Oaxaca ist. Bezüglich der<br />
historischen Entwicklung gibt es verschiedene Meinungen, am überzeugensten scheint zu sein, daß Mitla von<br />
Zapoteken besiedelt war, die später unter den Einfluß der Mixteken gerieten. Zeugnisse f ür die mixtekischen<br />
Beeinflussung sind am Baustil erkennbar: Zum einen an den charakteristischen Bänderornamenten an den<br />
Fassaden und zum anderen an der räumlichen Aufteilung des Ensembles, die sich von der Architektur der<br />
restlichen Stätten des Tales unterscheidet. Eine einzige Ausnahme hierin bietet Yagul, östlich von Mitla gelegen,<br />
dessen Anlage als Vorgängerin Mitlas betrachtet wird 7 . Von den Spaniern wurde in die Tempelanlage eine<br />
Kirche hineingesetzt, um die Ideologie der neuen Herren zu repräsentieren.<br />
Die Bedeutung Mitlas<br />
Heute ist Mitla ein Ort, der durch sogenannte Mischaktivitäten gekennzeichnet ist. Landwirtschaft als<br />
Erwerbsquelle dient überwiegend der Subsistenz der Dorfbevölkerung. Die „Hauptgeschäftsstraße“, die die<br />
Mitte des heutigen Mitla über eine Länge von ca. 2 km mit den Ruinenstätten und der Kirche verbindet, macht in<br />
einzelhandelsspezifischer Hinsicht einen eher systemlosen Eindruck, was ein Indiz f ür ein überwiegend<br />
subsistentes Wirtschaftsverhalten der Bevölkerung ist. Auffällig ist zudem die häufig anzutreffende<br />
Kombination von Landwirtschaft, Wohnen und der Verkauf von einfachen weiterverarbeiteten<br />
landwirtschaftlichen Gütern. So wird im eigenen Haus das angeboten, was nächstliegend ist und die größte<br />
Aussicht auf bescheidenen Profit bietet. Insgesamt wendet sich das Angebot sowohl an die einheimische<br />
Bevölkerung (kleine Tiendas, Kurzwaren), als auch an die Touristen (Textilien, Mezcal, Souvenirs). Eine<br />
Vielzahl von fliegenden Händlern im Bereich der Ruienen komplettiert das Bild. Neben der Straße als<br />
kommerziellem Zentrum Mitlas sind noch viele Verkaufsstände f ür Touristen im fest installierten Mercado in<br />
der Nähe der touristischen Attraktionen untergebracht. Im Vergleich zu dem Tourismuszentum Oaxaca sind die<br />
Waren hier wesentlich preiswerter.<br />
Zur Zeit unseres Besuches waren ca. 30% aller Geschäfte geschlossen, da wir in der Nebensaison dort waren.<br />
Der zeitliche Tiefpunkt für den mit dem Tourismus verbundenen Handel ist im März, wenn bis zu 80% aller Geschäfte<br />
geschlossen haben. Die Hauptsaison des internationalen Tourismus liegt um Weihnachten und Ostern<br />
mit einer weiteren Spitze in den Monaten Juli und August, wenn in den USA Schulferien sind.<br />
Insgesamt macht die touristische Infrastruktur einen noch nicht sehr etablierten Eindruck. Bei unserer Erhebung<br />
wurden nur f ünf Restaurants gezählt. Der Ort scheint sich bisher nur auf Tagestouristen konzentriert zu<br />
haben, wobei demnächst ein größeres Hotel in der Nähe des Zócalo entstehen soll.<br />
Die Textilindustrie Mitlas<br />
Die Herstellung der Textilien, die in Mitla verkauft werden, erfolgt in der Regel im Ort. Der Besuch in einer kleinen<br />
Werkstatt verschaffte uns Einblick in die übliche Produktionsweise. In dem kleinen Manufakturbetrieb ähnelt<br />
die Produktionsweise der europäischen bis zur Vorstufe der Industrialisierung. Der Inhaber besitzt 15 Webstühle,<br />
die von Kindern im Alter zwischen zehn und zwölf Jahren bedient werden. Die Kinderarbeit wird je laufenden<br />
Meter entlohnt. Aus den Garnen, die der Besitzer einkauft, werden einfache und grobe Stoffe gewebt und in der<br />
betriebseigenen Färberei eingefärbt. Ein Teil der Stoffe wird direkt im Ort verkauft oder nach Oaxaca und<br />
Veracruz vertrieben. Der Rest der Stoffe wird zu einfachen Hemden und Hosen in einer Werkstatt vernäht.<br />
4 vgl. ROBLES-GARCÍA 1996<br />
5 vgl. FISHER/MAYER 1995<br />
6 vgl. NOBLE 1997<br />
7 vgl. ROBLES-GARCÍA 1996, S. 3ff<br />
79