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A R B E I T S B E R I C H T E - Geographisches Institut

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macht dem Denkmalschutz in Mexiko aber auch die administrative Organisation des Landes. So liegen die<br />

Belange des Denkmalschutzes im Bereich der Bundeshoheit, während die Baugesetzgebung durch die Bundesstaaten<br />

wahrgenommen wird. Mangelnde Koordination zwischen beiden f öderalen Ebenen erzeugt aber viele<br />

Probleme. Neben den staatlichen Maßnahmen zur Stadterhaltung gibt es auch eine ganze Reihe von privaten<br />

Initiativen, die vor allem auf die Stärkung des öffentlichen Bewußtseins f ür die Historie der Stadt und auf die<br />

ideelle und finanzielle Unterstützung von Restaurierungsarbeiten abzielen.<br />

Die Gesamtheit der Maßnahmen hat in letzter Zeit das Stadtbild Pueblas entscheidend verbessert. Dies vor<br />

allem dadurch, daß die Kabel f ür die Energieversorgung und f ür das Telefon unterirdisch verlegt wurden und<br />

auch die Straßen vielfach eine neue Pflasterung erhielten. Auch wurden in letzter Zeit mehrere Fußgängerzonen<br />

geschaffen. Ein wichtiges umfassendes Projekt wird derzeit vom Wohnungsbauministerium gefördert. Im<br />

Rahmen eines Genossenschaftsprogramms sollen mehrere Häuser über eine Treuhandgesellschaft an die<br />

Nutzer übertragen werden. Dahinter steht die Überlegung, daß die Häuser aufgrund vielfältiger Faktoren f ür<br />

ihre jetzigen Besitzer keinen Mehrwert abwerfen, diese also auch nicht in der Lage oder Willens sind,<br />

Investitionen zu t ätigen. Nachdem die jetzigen Mieter Eigentümer der Häuser sind, sollen sie mit staatlichen<br />

Krediten die Möglichkeit zur Restaurierung erhalten. Dies würde die Wohnsituation der Menschen erheblich<br />

verbessern. Erfolgreich durchgeführt wurde ein solches Programm bereits in Mexiko-City nach dem großen<br />

Erdbeben von 1985. In Puebla hat man indes noch nicht so großen Erfolg gehabt. Bis heute wurden nur wenige<br />

Projekte realisiert und auch bei denen hat sich zwar die soziale Lage der Bewohner gebessert, die Ergebnisse<br />

der Restaurierungsarbeiten sind aber aus denkmalschützerischer Sicht häufig fragwürdig.<br />

Im extremen Maße erschwert werden stadterhaltende Maßnahmen durch den häufigen Unwillen der Hausbesitzer.<br />

Das anfälligste Element der Häuser sind deren Dächer. Die Flachdächer sind mit einer Erdschüttung<br />

versehen, welche durch Steinplatten abgedeckt ist. Wenn nun die Entwässerung der Dächer nicht funktioniert,<br />

saugt sich die Erdschicht mit Wasser voll, nimmt an Gewicht zu, nach längerer Zeit faulen die Dachbalken und<br />

das Dach stürzt ein. Dies geschieht in viele Fällen, da die finanziellen Mittel zur Vorbeugung fehlen. Allerdings ist<br />

auch schon vorgekommen, daß Hausbesitzer die Entwässerung der Dächer mutwillig unterbrachen, um so den<br />

beschriebenen Prozeß herbeizuführen. Für die Besitzer der Häuser können diese schnell ihren Wert verlieren,<br />

denn die Mieten sind niedrig und decken kaum die Kosten; seit den 60er Jahren aber sind Mieterhöhung und die<br />

Kündigung von Mietverträgen so gut wie ausgeschlossen. Außerdem dürfen aufgrund der Denkmalschutzbestimmungen<br />

keine Häuser umgewidmet oder gar abgerissen werden. Dies alles senkt den Verkehrswert<br />

der Gebäude.<br />

Sollte es in Zukunft nicht gelingen, den Erhalt der kolonialen Patiohäuser zu sichern, so verliert die Menschheit<br />

ein wichtiges kulturelles Erbe. Denn diese Häuser sind nicht nur als Einzelobjekte schützenswert, sondern sie<br />

bilden auch in ihrer Gesamtheit die Geschlossenheit der Straßenfronten lateinamerikanischer Städte, die es zu<br />

schützen gilt.<br />

Sozialräumliche Gliederung Pueblas<br />

Die koloniale lateinamerikanische Stadt ist nicht nur nach den Straßenverläufen gegliedert. Vielmehr hat sich<br />

entlang der so entstandenen Achsen auch eine klare funktionale und soziale Gliederung herausgebildet. Bewegt<br />

man sich vom Zócalo in Richtung Stadtrand, so werden die Veränderungen schon nach wenigen hundert Metern<br />

sichtbar. Dabei ist es weniger von Bedeutung, in welche Richtung man sich bewegt, denn die räumliche Struktur<br />

der Stadt ermöglicht es, daß sie sich in alle Richtungen gleich entwickelt und sich nur in geringem Maße<br />

Sektoren ausbilden. Wenngleich natürlich auch hier die Entwicklungen in den jüngsten Jahren zu einer<br />

Sektorenbildung außerhalb der historischen Stadtanlage geführt haben. Innerhalb dieser gibt es aber immer noch<br />

ein ausgeprägtes Zentrum-Rand-Gefälle. In Richtung Stadtrand bleibt der Schachbrettgrundriß zwar erhalten,<br />

doch die Bebauung ändert sich merklich. Die Häuser sind hier nur noch eingeschossig und ihre bauliche Substanz<br />

ist deutlich minderer Qualität. Oft sind sie noch aus sogenannten Adobeziegeln errichtet. Dabei handelt es sich<br />

um luftgetrocknete Lehmziegel. Die Bebauung unterscheidet sich also deutlich von der im Inneren der Stadt, wo<br />

die gebrannten Ziegel oft durch Kacheln verkleidet sind. Sofort wird ersichtlich, daß diese Stadtgebiete von<br />

vornherein nicht für die ökonomisch mächtige Bevölkerung der Stadt errichtet wurden. Wohnten im Zentrum der<br />

Klerus, die hohen Beamten und der Landadel, so fand man hier vornehmlich Angestellte, Arbeiter und<br />

Handwerker, die ihre Waren gleich an Ort und Stelle verkauften. In den Randbereichen fanden sich aber auch<br />

Bauern, die über ein wenig Landbesitz verfügten, es aber vorzogen, in der Stadt zu wohnen.<br />

Das historisch induzierte sozioökonomische Gefälle setzt sich bis in die heutige Zeit fort. Allerdings hat sich die<br />

ökonomische Funktion dieser Gebiete etwas geändert. Heute findet man hier vor allem flächenintensive Nutzungen,<br />

da die Betreiber ökonomischer Aktivitäten in relativer Innenstadtnähe nur einen vergleichsweise niedrigen<br />

Mietzins zu entrichten haben. Vor allem gibt es in diesen Bereichen der Stadt den Handel mit Baustoffen,<br />

der - vor allem gerechnet am zu erzielenden Umsatz - zwar flächenintensiver ist als Nutzungen in der direkten<br />

Innenstadt; trotzdem aber ist er sehr stark spezialisiert. So verkaufen einzelne Händler nur Holz, andere nur<br />

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