A R B E I T S B E R I C H T E - Geographisches Institut
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Atlixco nun liegt in einem Nebental und weist zwar keine schlechtere Bodenbeschaffenheit auf, dadurch aber,<br />
daß es circa dreihundert Meter höher liegt, ist die Temperatur im Jahresmittel gemäßigter. Außerdem f ällt Regen<br />
mehr und gleichmäßiger. Damit aber ändert sich der Katalog der hauptsächlich angebauten Kulturpflanzen.<br />
Ist im Raum Puebla noch der Mais absolut dominierend, so überwiegt hier der Anbau von Sonderkulturen. Vor<br />
allem Gladiolenanbau wird für den Export betrieben. Zwar verdienen die Bauern mit dem Verkauf der Blumen<br />
relativ viel Geld, doch die Stoffe, die die Pflanze freisetzt, schaden dem Boden, so daß sich diese Bauern auf<br />
lange Sicht selbst die Existenzgrundlage nehmen. Die Gladiolen werden vor allem f ür den US-amerikanischen<br />
Markt produziert. Des weiteren werden vor allem Opuntien angebaut. Diese Feigenkakteen dienen als Gemüse<br />
und man verzehrt sowohl die Früchte als auch die Blätter. Die Früchte werden entweder als Obst verwendet<br />
oder zu Spirituosen verarbeitet. Aber auch eine der „erfolgreichsten“ Pflanzen der jüngeren Agrargeschichte<br />
läßt sich vielfach in diesem Gebiet finden. Die Eukalypten wurden durch den Menschen von Australien aus über<br />
weite Gebiete der Erde verteilt. Eukalypten, die zur Gattung der Myrtengewächse zählen, stellen wenig<br />
Ansprüche an ihre Umwelt und sind zudem schnellwachsend. Dadurch bieten sie sich besonders f ür die<br />
Weiterverarbeitung in der Papierindustrie an. Aber nicht nur die starke Biomasseproduktion, sondern auch die<br />
stark riechenden ätherischen Öle sind ein Vorteil dieser Pflanze. Die Öle lassen sich in vielfältiger Weise<br />
technisch und medizinisch weiterverarbeiten. Allerdings hat auch die Anlage von Eukalyptushainen nicht nur<br />
positive Effekte, denn die Pflanzen benötigen sehr viel Wasser, was recht bald auf Kosten der anderen<br />
Pflanzen geht. Der Anbau dieser Pflanzen bedingt in seiner Folge eine Artenarmut, welche die sensiblen<br />
Ökösysteme dieser Region zerstören kann. Insgesamt sind in diesem Gebiet die Anbauflächen kleiner, was zum<br />
einen auf die Diversifizierung der Kulturarten zurückgeführt werden kann, aber auch ein Indikator ist f ür eine<br />
andere agrarsoziale Struktur.<br />
Aus einer spontanen Befragung ortsansässiger Bauern ging hervor, daß sie auf ihrem Land Fruchtwechsel-<br />
Anbau betreiben. So werden gleichzeitig auf verschiedenen Flächen, aber auch nacheinander auf einer Fläche<br />
Gladiolen, Zwiebeln und Radieschen angebaut. Der gesamte Betrieb wird ausschließlich von Familienmitgliedern<br />
bestritten; nur in Spitzenzeiten (Gladiolenernte) werden ein bis zwei Hilfskräfte eingestellt. Zu anderen Zeiten<br />
reichen die Eink ünfte nicht, um zusätzliche Arbeitskräfte zu bezahlen. Um den Anbau der genannten Kulturen<br />
effektiv betreiben zu können, ist es - bei sieben bis acht Monaten Trockenzeit - notwendig, die Felder zu<br />
bewässern. Zu diesem Zwecke wurde ein Bewässerungssystem angelegt, welches allen Bauern ringsum zugute<br />
kommt. Jeder Bauer hat das Recht, seine Felder vier Stunden in der Woche zu bewässern und zahlt dafür einen<br />
Betrag von circa 300 Peso pro Hektar und Jahr. Dieses Geld dient der Erhaltung der Anlagen. Die Bauern<br />
ringsum sind alle Pächter von Ejido-Land. Dabei wechselt die Größe der Flächen, die man pachtet, von Jahr zu<br />
Jahr, je nach der Kapitalausstattung, die man glaubt f ür das kommende Jahr zur Verfügung zu haben. Der<br />
befragte Bauer bewirtschaftete zu diesem Zeitpunkt einen halben Hektar Land und zahlte dafür 10.000 Peso<br />
Pacht im Jahr. Die jährliche Pacht dürfte ohne Zweifel der größte Kostenfaktor im Haushalt dieser Bauern sein.<br />
Um weitere Kosten zu sparen wird das gesamte Vertriebssystem individuell organisiert. Die Bauern fahren ihre<br />
Produkte mit Kleinlastwagen selbst nach Mexiko City, um sie dort auf dem Großmarkt zu verkaufen. Leider<br />
war es nicht möglich genau zu klären, wem das Land letztendlich gehört. Vermutlich war das dem Bauern<br />
selbst nicht bekannt.<br />
Atlixco<br />
Im Falle Atlixcos handelt es sich um eine kleine Stadt von nicht mehr als regionaler Bedeutung. So ist auch der<br />
Markt dieses Ortes fast ausschließlich auf die lokale Bevölkerung ausgerichtet. Vor allem werden Waren des<br />
täglichen Bedarfs angeboten. Es sind aber nicht nur die regionalen Produkte zu erwerben. Früchte zum Beispiel,<br />
die in dieser Region nicht wachsen, wie z.B. Bananen, werden aus den tropischen Regionen Mexikos importiert.<br />
Der Markt ist in einer großen Halle untergebracht und in verschiedene Segmente, je nach Warenangebot, geteilt.<br />
Verkauft werden vor allem Gemüse, Obst, Gewürze, Fleisch, Haushaltswaren und Kleidung. Entsprechend der<br />
Qualität des Angebotes sind die Käufer eher der Unterschicht zuzuordnen.<br />
Ganz anders erscheint die Situation einige Kilometer weiter nördlich, kurz vor Puebla. Hier hat die Warenhauskette<br />
LIVERPOOL eines ihrer Einkaufszentren eröffnet. Es ist ein modernes nicht integriertes Einkaufszentrum<br />
für die überwiegend hellhäutige Oberschicht Pueblas entstanden. Aufgebaut ist es im Stil einer Passage mit<br />
breiten Durchgängen. Es finden sich Sitzgelegenheiten, auf denen die Kunden ausruhen können und<br />
Springbrunnen, welche die Atmosphäre auflockern sollen. Private bewaffnete Wachdienste sichern ein<br />
ungetrübtes Einkaufserlebnis. Angehörige sozialer Schichten, die nicht Adressaten dieses Einkaufszentrums<br />
sind, sind nicht zu finden. Dabei funktioniert der Selektionsmechanismus auf doppelte Weise. Einmal dadurch,<br />
daß durch den Wachschutz jede nicht erwünschte Person ausgeschlossen werden kann und zum zweiten durch<br />
die geographische Lage. Denn dadurch, daß das Einkaufszentrum außerhalb der Stadt liegt und nicht an den<br />
öffentlichen Nahverkehr angeschlossen ist, kann man es nur erreichen, wenn man Besitzer eines<br />
Kraftfahrzeuges ist. Dies aber trifft in der Regel nur f ür Angehörige der gehobenen Mittelschicht oder der<br />
Oberschicht zu.<br />
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