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A R B E I T S B E R I C H T E - Geographisches Institut

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Mit zunehmender Entfernung vom Zentrum war anschließend eine Informalisierung der Wirtschaft zu erkennen,<br />

die im wesentlichen durch kleine Restaurants und Direktverkauf agrarischer Produkte sowie das Anbieten<br />

einfacher Dienstleistungen gekennzeichnet war. Auch im Wohnbereich bilden informelle Squattersiedlungen die<br />

vorherrschende Siedlungsform, die sektorenartig von abgeschlossenen Mittelklassewohnbereichen im Reihenhausstil<br />

unterbrochen sind. Eventuell handelt es sich bei den Mittelklassewohnbezirken um Gebiete, welche<br />

einem Unternehmer gehören, der die Wohneinheiten parzellenartig an seine Angestellten verkauft.<br />

78<br />

1. Haltepunkt: Santa Maria del Tule<br />

Der Ort Santa Maria del Tule schließt sich direkt an die Vororte Oaxacas an, die genaue Entfernung zur<br />

Stadt Oaxaca beträgt 12 km. In unmittelbarer Nähe des Ortkerns und angrenzend an die Kirche steht,<br />

ummauert, gesch ützt und gepflegt, der wohl dickste Baum der Erde, f ür dessen nähere Betrachtung ein kleines<br />

Eintrittsgeld zu entrichten ist. Die Wasserversorgung des Baumes wird durch ein kompliziertes Pipelinesystem<br />

gewährleistet. 2<br />

Tourismus in El Tule<br />

Noch vor 18 Jahren war der Baum in El Tule noch nicht ummauert, und um ihn herum wurde ein Viehmarkt f ür<br />

die lokale und nähere regionale Bevölkerung abgehalten. Es existierte keine Form touristischer Dienstleistungen.<br />

An die Stelle des Viehmarktes sind heute zahlreiche einfache Restaurants und Souvenirläden getreten, in denen<br />

Postkarten, Mezcalflaschen und kleine Andenken angeboten werden. Obwohl eine kleine Eisenbahnlinie von<br />

Oaxaca nach El Tule f ührt, bedurfte es erst der Entwicklung eines gewissen Einkommensniveaus in der<br />

regionalen Bevölkerung, um die Entwicklung eines einfachen Binnentourismus einzuleiten. Erst in Folge dieser<br />

Entwicklung wurde die Hauptattraktion des Ortes, der Baum von Tule, touristisch in Wert gesetzt.<br />

Entsprechend ist auch die Art des Tourismus zu erkennen. Im Gegensatz zum Kulturtourismus, wie er in Monte<br />

Albán zu finden ist, überwiegen in El Tule der Binnentourismus und ausländische Tagestouristen, die in Oaxaca<br />

übernachten.<br />

Die Tatsache, daß zum dicksten Baum der Erde auch mexikanische Schulklassen Ausflüge machen, belegt<br />

seine symbolische Bedeutung in der auch in Mexiko zunehmend bedeutsamer werdenden Umwelterziehung<br />

innerhalb des Bildungssystems.<br />

Die Umgebung von El Tule<br />

Neben den lateinamerikanischen Stadtmodellen entsprechenden Stadt-Umlandstrukturen um Oaxaca erinnern<br />

vereinzelte Tomaten- und Blumenfelder im landwirtschaftlichen Bereich an die sogenannten „ Von<br />

Thünen´schen Ringe“, nach denen relativ arbeitsintensive Produkte mit geringer Haltbarkeitsdauer in der Nähe<br />

von Nachfragezentren anzutreffen sein müßten. Die Theorie der Landnutzung geht dabei von einem Zentrum<br />

und einem homogenen Umfeld aus, in welchem die Bedingungen f ür Produktion gleich sind. Mit zunehmender<br />

Entfernung vom Zentrum steigen die Transportkosten und sinken die Lagerhaltungskosten. Die Bodenpreise<br />

sinken zusätzlich aufgrund der abnehmenden Nachfrage. 3 Obwohl physisch- geographische Besonderheiten und<br />

Verkehrswege in der Theorie von Thünen keine Berücksichtigung finden, und die Theorie sebst im letzten<br />

Jahrhundert aufgrund von Beobachtungen in Nordeutschland erstellt wurde, läßt sie sich in Ansätzen auf die<br />

Umgebung El Tules mit Oaxaca als Zentrum übertragen.<br />

Auch standortgebundene Industrien sind hier zu finden, so z.B. die Holzverarbeitung. Sägewerke und Werkstätten<br />

zur Verarbeitung zu Bauholz und Möbeln liegen in unmittelbarer Nachbarschaft zum Angebot (Wald) und<br />

zum Nachfragezentrum in Oaxaca. In dieser Beziehung finden sich gewisse Parallelen zu den Ziegeleien, die wir<br />

in der nördlichen Umgebung Pueblas häufig antrafen.<br />

Die f ür kleine landwirtschaftliche Betriebe typische Viehhaltung, insbesondere von Ziegen und die hieraus resultierenden<br />

negativen Konsequenzen f ür die Landschaft, sind auch hier zu erkennen. Gerade Ziegen, die überwiegend<br />

extensiv gehalten werden, tragen zur Verbuschung des Landes bei. Da sie besonders die Keimlinge der<br />

Bäume fressen, die der Büsche jedoch meiden, ist das Nachwachsen der Wälder als eine wichtige Reserve<br />

regionaler wirtschaftlicher Aktivität in Zukunft gefährdet.<br />

2. Haltepunkt: El Mitla<br />

2 vgl. BOX 1993, S. 244<br />

3 vgl. SCHÄTZL 1996, S. 62ff

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