A R B E I T S B E R I C H T E - Geographisches Institut
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Einleitung<br />
Themenschwerpunkte des Tages waren beispielhafte Urbanisierungsprozesse wie die Bildung von Satellitenstädten<br />
(Ciudad Satélite) und randstädtischen Marginalsiedlungen (Nezahualcóyotl). In der ersten Tageshälfte<br />
haben wir die nach Planung erbaute Ciudad Satélite im Nordwesten der metropolitanen Agglomeration besucht.<br />
Als Beipiel für einen ungeplanten Urbanisierungsprozess haben wir in der zweiten Tageshälfte Nezahualcóyotl<br />
untersucht sowie Aspekte der ökologischen Situation in Mexico City kennengelernt. Weitere Gesichtspunkte der<br />
Stadtentwicklung (städtische Entwicklungsphasen, Dezentralisierung sowie sozialräumliche Differenzierung in<br />
Mexico City) werden im dem Tagesprotokoll vom Montag, den 28. September, ausführlich behandelt.<br />
Ciudad Satélite<br />
Der Weg auf der Straße Paseo de la Reforma f ührt vorbei an zahlreichen Gebäuden mit ausschließlicher<br />
Dienstleistungsfunktion an der Hauptverkehrsachse Anillo Periférico. Banken, Fluglinien, Fachgeschäfte und<br />
Restaurants sind nur Beispiele f ür die hochwertigen Versorgungseinrichtungen, die sich entlang der Straße<br />
(Paseo de la Reforma) und dann schließlich bis zum Rande der Stadtviertel der oberen sozialen Schichten<br />
erstrecken. Verfolgt man die links und rechts abzweigenden Straßen bis zum Chapultepec-Park, kann man<br />
feststellen, daß die Höhe wie die Qualität der Bebauung immer mehr abnehmen.<br />
Je weiter man sich vom Zentrum entfernt umso diversifizierter wird die Struktur. Discos, gewerbliche Ansiedlungen<br />
und Autoreparaturwerkstätten sprechen Mittel- und Oberschicht an. Am Ende dieser Konzentration von<br />
Geschäfts- und Dienstleistungsfunktionen befindet sich die Ciudad Satélite, das erste Ziel unseres Tages. Die<br />
Satellitenstadt ist gewissermaßen eine gegenl äufige planerische Maßnahme zu den städtischen Dezentralisierungsprozessen.<br />
Die Ballung von Wohn- und Versorgungsfunktionen sollte der abwandernden Oberschicht aus<br />
der Altstadt hochwertigen Lebensstandard in unmittelbarer Nachbarschaft ermöglichen. Versucht man, die<br />
Ciudad Satélite einem Typus von Oberschichtvierteln zuzuordnen, muß man eine Mischlösung aus einer<br />
geschlossenen Wohnanlage (fraccionamientos/ urbanizaciones residenciales) und shopping-center-Kultur<br />
akzeptieren. 2<br />
Die Ciudad Satélite wurde Anfang der 80er Jahre erbaut und ist mit ihrer verschachtelten Struktur ein Beipiel<br />
für die Bauweise dieser Zeit. Sie gliedert sich in drei Teile, die gleichzeitig die Funktion von<br />
Entwicklungsmagneten erfüllen sollen. Die Fracciones, die parzellierten Flächen, sind f ür die Oberschicht<br />
bestimmt. Ein weitläufiger Golfplatz grenzt an. Den dritten Schwerpunkt bestimmt ein Einkaufszentrum, unser<br />
Standort für weitere Betrachtungen. 1983 wurden 200 Einzelhandelseinrichtungen mit einer Flächenausdehnung<br />
von 100.000 m2 erbaut. (Vgl. Ku’damm/Tauentzienstraße in Berlin: 140.000 m2). Im Inneren des<br />
Einkaufszentrums findet sich ein gemischtes Angebot mit vielen Freizeit- und Vergnügungseinrichtungen (z.B. 15<br />
Kinos und zahlreiche Restaurants) sowie Dienstleistungen wie Reisebüros, Banken, Fluglinien, hochwertigen<br />
Einzelhandelsläden (BULGARI, ZARA etc.). Kleinere Immobilienstände lassen vermuten,daß der Prozeß der<br />
Ansiedlung noch nicht abgeschlossen ist. Die langen Öffnungszeiten (bis 22 Uhr) deuten auf ein langes und<br />
freizeitgeprägtes „Einkaufsvergnügen“ hin. Das Logo dieses LIVERPOOL-Einkaufzentrums sind f ünf zweckfreie<br />
Säulen.<br />
Bev ölkerung und Urbanisierung<br />
Das enorme Städtewachstum, bedingt durch die atemberaubende Zunahme der Stadtbevölkerung weltweit,<br />
wird als eines der großen Probleme am Ende dieses Jahrhunderts und der unmittelbaren Zukunft betrachtet.<br />
Schätzungen der UN (United Nations) zufolge leben schon fast 50 % der Weltbevölkerung in Städten und bis<br />
zum Jahre 2025 wird die Zahl der Stadtbewohner von derzeit 2,4 Milliarden auf bis zu 5 Milliarden anwachsen.<br />
Während 1950 noch die Mehrheit der Stadtbevölkerung in den Industrieländern lebte, kehrt sich dieses Verhältnis<br />
bis zum Jahre 2000 um, so daß heute die Mehrheit der Stadtbewohner sich in den sogenannten Entwicklungsländern<br />
befinden. 3 Allerdings weisen die Entwicklungsländer untereinander v öllig unterschiedliche Verstädterungsgrade<br />
auf. Lateinamerika z.B. wird als der verstädterte Kontinent bezeichnet.<br />
Die mit der extremen Urbanisierung verbundenen Probleme sind enorm; beispielhaft seien hier ein paar genannt:<br />
- zunehmende städtische Armut<br />
- soziale Probleme, steigende Gewalt<br />
- ökologische Mißstände<br />
- chaotische Expansion<br />
- chronische Überlastungen der Infrastruktur (z.B. Autoverkehr)<br />
2 vgl. BÄHR/MERTINS, 1995, S. 117<br />
3 vgl. BOUTROS-GALI in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 3. Juni 1998, Nr. 128<br />
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