A R B E I T S B E R I C H T E - Geographisches Institut
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Die kolonialzeitliche Periode (1550 – 1810)<br />
Mit der Gründung der neuen Hauptstadt Ciudad de México 1535, veränderten sich die Rahmenbedingungen<br />
schlagartig und die spanischen Eroberer veränderten von diesem Augenblick an das Stadtbild der neuen<br />
Hauptstadt, welches mit seinen Auswirkungen bis in die Gegenwart reicht.<br />
Die Entwicklung der Stadtstruktur und der sozialräumlichen Gliederung von Mexiko-Stadt in der kolonialzeitlichen<br />
Periode erfolgte nach dem Muster der spanischen Kolonialstadt. Rings um die Plaza gruppierten sich im<br />
regelmäßigen Schachbrettgrundriß die monumentalen Gebäude der weltlichen und kirchlichen Macht sowie die<br />
großen Handelshäuser und die Palais der Oberschicht. Gegen den Rand nehmen die Geb äudegrößen und die<br />
Qualität der Fasadengestaltung sowie der soziale Status und die Bevölkerungsdichte kontinuierlich ab.<br />
Dieser wirtschaftlich-administrative Konzentrationsprozeß vollzog sich, ausgehend von der Plaza, nicht flächenhaft<br />
ringförmig, sondern überwiegend in der durch den Paseo vorgegebenen Hauptrichtung, die häufig in<br />
eine Prachtstraße überging (Paseo de la Reforma).<br />
Etwa gleichzeitig wurde am Stadtrand ein regelmäßig gestalteter Park angelegt (der sog. Alameda), in dem<br />
sich die Gesellschaft versammelte.<br />
Die Periode der Unabh ängigkeit (1810 – 1910)<br />
Ab dem Jahr 1810, mit dem Beginn der Unabhängigkeitsbewegung (1810 - 1824), begann eine Phase rapider<br />
Veränderungen des „klassischen“ kolonialzeitlichen Mexiko. Durch den Krieg der Aufständischen veränderten<br />
sich die Bedingungen für das im Lande bestehende Städtesystem, weil wichtige koloniale Städte im Binnenland,<br />
aber vor allem die Hafenstädte Veracruz und Acapulco durch die Wirren des Krieges geschwächt worden<br />
waren. Da sie stets den Attacken der Rebellen ausgeliefert waren, verloren diese Städte an Sicherheit, ihre<br />
Einwohner wanderten ab und demzufolge sank ihre Bedeutung. Mexiko-Stadt selbst wuchs in diesem Zeitraum<br />
von 150.000 auf 170.000 Bewohner an.<br />
„ Wichtige Auswirkungen dieser Einwohnerentwicklung und der einsetzenden Industrialisierung waren erhebliche<br />
sozialräumliche Veränderungen innerhalb der Stadt. Mit der Errichtung neuer sog. colonias (C. Americana, C.<br />
Francesa) im westlichen Sektor des Stadtgebietes, in dem wohlhabende Familien Villen in damals modernen<br />
europäischen Baustilen errichteten, begann sich das konzentrische Anordnungsmuster des Kern – Randgefälles<br />
des Sozialgradienten teilweise aufzulösen. Auch entwickelte sich in diesem bevorzugten Sektor von Mexiko-<br />
Stadt bereits eine Konkurrenz zwischen gehobener Wohn- und Geschäftsnutzung. Demgegenüber siedelten sich<br />
die Unterschichten (einheimische und Zugewanderte) mehr und mehr in östlich und nördlich vom Stadtkern<br />
gelegenen Stadtteilen an, so daß aus diesen sozialräumlichen Veränderungsprozessen ein räumliches Muster<br />
scharfer sozialer Segregation resultierte.“ (HEINEBERG/SCHÄFERS 1989, S. 105f)<br />
„ Zusätzlich waren auch staatliche Investitionen f ür den unausgewogenen, sozialräumlichen Veränderungsprozeß<br />
im Raum Mexiko-Stadt dafür verantwortlich, denn zwischen 1840 und 1890 wurden vor allem in den<br />
Vierteln der gehobenen Schichten in zunehmenden Maße wichtige Infrastruktureinrichtungen ausgebaut: neue<br />
breite Straßenachsen (avenidas), unterirdische Entwässerungskanäle, Trinkwasserprojekte,<br />
Elektrizitätsverbindungen etc. In den Unterschichtsvierteln ließen grundlegende Infrastruktureinrichtungen wie<br />
Straßenpflasterungen oder Abwasserleitungen trotz des großen Bedarfs lange auf sich warten.“<br />
(HEINEBERG/SCHÄFERS 1989, S. 106)<br />
Die Phase der Revolution (1910 - 2. Weltkrieg)<br />
In dieser dritten Verstädterungsphase setzten sich viele der genannten Entwicklungstrends fort.<br />
„ Während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts fanden die Revolutionskämpfe statt, welche die demographische<br />
Dynamik des Landes in ernstlicher Weise beeinträchtigten. Wie schon während des Unabhängigkeitskrieges,<br />
gab es viele Todesopfer und eine starke Zuwanderung der Bevölkerung zu den Städten, da diese mehr<br />
Sicherheit bieten konnten.“ (GARIBI 1994, S. 62)<br />
Da Mexiko-Stadt wie auch der umgebende Staat einerseits nicht so stark von revolutionären Unruhen beeinflußt<br />
waren, begann eine neue Welle der Zuwanderung, die insbesondere aus von der Revolution betroffenen<br />
ländlichen Räumen stammte.<br />
„ Zu Beginn der dreißiger Jahre, mit der <strong>Institut</strong>ionalisierung des mexikanischen Staates, wurden die politischen,<br />
administrativen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Funktionen der Hauptstadt der Republik immer spezialisierter<br />
und breiter gefächert. Dies f ührte ganz allmählich zu einem starken Urbanisierungsprozeß, der Jahre<br />
später auch Guadalajara und Monterrey erreichen sollte“ (GARIBI 1994, S. 62)<br />
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