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A R B E I T S B E R I C H T E - Geographisches Institut

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Die Spätphase und der Niedergang des Haciendasystems<br />

Während der Unabhängigkeits-, Reform- und Interventionskriege, die insgesamt etwa 60 Jahre dauerten, bildete<br />

das Hochland ein wichtiges Durchgangsgebiet der Achse Veracruz - Mexiko-Stadt, des sogenannten „ robbers<br />

highway“ 20 . Bürgerkrieg und Bandenüberfälle waren an der Tagesordnung, es kam zu einem generellen<br />

Schuldenanstieg und häufigen Eigentümerwechseln. Diese schwierige Phase wurde durch die Einweihung der<br />

Bahnverbindung Veracruz - Mexiko-Stadt im Jahr 1869 beende t. Das bedeutete eine Verbesserung des<br />

Marktzuganges für Agrarprodukte. Zugleich erleichterte die Einrichtung eines Telegraphen- und Telefonnetzes<br />

den Besitzern die Kontrolle. Die zunehmende Marktorientierung hatte zur Folge, daß größere Haciendas in<br />

Puebla Kontors zur besseren Vermarktung einrichteten. Parallel kam es zu gelegentlichen Anbindungen von<br />

fábricas, vor allem f ür Möbel und Textilien. Der allmählich zunehmende Modernisierungsgrad und die Steigerung<br />

der Erträge bei Bohnen und Rindern, Baumwolle, Tabak und Zucker zeitigte sich auch im Neubau von Scheunen,<br />

Lagerhallen und Brunnen sowie der üppigen Ausstattung der Herrenhäuser. Die Arbeitskräfte spezialisierten<br />

sich zunehmend, bald gab es Elektriker, Maschinisten und Werkstattarbeiter. Der Arbeitskräftemangel konnte<br />

zumindest partiell behoben werden und das Haciendasystem erlebte einen letzten Aufschwung. Dennoch gab es<br />

zum Teil erhebliche Unterschiede in Produktionsstruktur, Modernisierungsgrad und Buchf ührung.<br />

Als es ab 1910 zu ersten Kampagnen zur Zurückgabe des Gemeindeeigentums sowie Zerstörungen, illegalen<br />

Aktivitäten auf Haciendaland und Aufteilungen unter den campesinos kam, gehörten 97 % des mexikanischen<br />

Landes einem Prozent der Bevölkung. Ganze 834 Großgrundbesitzer teilten sich 50 % der Fläche. Als gegen<br />

Endes des 19. Jahrhunderts die Bevölkerung stetig zunahm, waren in dem Gebiet keine zusätzlichen<br />

Landerschließungen mehr möglich. Die Konflikte um Flächenansprüche zwischen Gemeinden und Haciendas<br />

nahmen infolgedessen schärfere Formen an.<br />

Im Jahre 1917 lag in Puebla die Zahl der Anträge auf Landzuteilung am höchsten. Im Staat Puebla lagen 12;3<br />

% der enteigneten Flächen Mexikos. Das Hochland von Puebla-Tlaxcala gehörte zu den ersten mexikanischen<br />

Regionen, in denen die neuen Agrargesetze (z.B. Einführung eines Flächenlimits f ür landwirtschaftliche Betriebe,<br />

Dekrete zum Schutz der Indios, Anerkennung indianischen Grundeigentums) durchgesetzt wurden. Aufgrund der<br />

fortschreitenden Enteignungen in den 20er und 30er Jahren wurden viele Haciendas durch sogenannte<br />

Agrarkolonien auf genossenschaftlicher Basis ersetzt. Dennoch blieben die Enteignungen bis 1930 sporadisch.<br />

Durch größere Enteignungswellen unter der Präsidentschaft von Lázaro CARDENAS ab dem Jahre 1934 kam es<br />

zur endgültige Liquidation des Haciendasystems als Betriebsform. Den Eigentümern blieben in der Regel nicht<br />

mehr zu bewirtschaftenden Flächen übrig. Rasch nahmen die Einwohnerzahlen um 70 - 80 % zugunsten der<br />

Städte und Dörfer ab. Auch wenn Haciendas im klassischen Sinn nicht mehr existieren, ist das<br />

Enteignungsprogramm bis heute nicht abgeschlossen.<br />

20 NICKEL 1978, S. 195<br />

21 Quelle: http://www.bapqro-mex.com<br />

Hacienda „El Lobo“ in Queretaro 21<br />

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