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A R B E I T S B E R I C H T E - Geographisches Institut

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indianischem) Land zu erweitern. Die starke Bevölkerungsdezimierung im 17. Jahrhundert beschleunigte diesen<br />

Prozeß.<br />

Die spanischen Eroberer waren zu einem aristokratischen Lebensstil entschlossen. Als besonders<br />

prestigeträchtig galt die Beschäftigung als Viehzüchter. Außerdem war die Akkumulation und Sicherung von<br />

Landeigentum die sicherste Form des ökonomischen Engagements. So bildeten sich in der Nähe von Minen und<br />

spanischen Niederlassungen schnell größere landwirtschaftliche Unternehmen. Diese ersten Haciendas waren in<br />

der Regel Vieh-Estancias. Die Haciendas konkurrierten frühzeitig untereinander um Land, Wasser, Weiderechte<br />

und Arbeitskräfte. Im Jahr 1730 war die Verteilung und Usurpation des Landes weitgehend abgeschlossen.<br />

Die „klassische“ Periode<br />

Die anschließende „klassische“ Phase war f ür die meisten hacendados durch Kapitalmangel,<br />

Liquditätsschwierigkeiten, Mißwirtschaft und Konkurse gekennzeichnet, denn „ der Reichtum Mexikos lag in<br />

seinen Bodenschätzen, nicht in der Landwirtschaft.“ 19 Haciendaeigentum war nur dann gewinnbringend, wenn<br />

es in der Nähe großer Abnehmerzentren wie Minen oder Städten lag. Mit Ausnahme der großen Güter war die<br />

bauliche und technische Ausstattung in der Regel eher bescheiden. Sie bestanden aus einfachen Wohn- und<br />

Verwaltungsgebäuden, einer Kirche, einem Gefängnis, einem Geschäft, Unterkünften, Scheunen, Werkstätten,<br />

Ställen und einer Weberei. Die Eigentümer lebten in den Städten und ließen ihren Besitz durch Verwalter leiten.<br />

Die Arbeitsorganisation und sozialökonomische Binnengliederung war abhängig von Größe und Art der<br />

Produktion. Sklaven und Str äflingen wurden nur anfänglich und in bestimmten Bereichen eingesetzt. Später war<br />

der Erwerb und der Unterhalt von Sklaven teurer als „normale“ Lohnverhältnisse. In der Regel verrichteten<br />

also Lohnarbeiter, saisonale Wochenlöhner oder Teilpächter die alltägliche Arbeit. Der Eigentümer kümmerte<br />

sich um Einkauf, Verkauf, die Verpflichtung von Pächtern und Angestellten sowie die Vertagsgestaltung. Der<br />

Produktionsablauf wurde durch den Verwalter gesteuert. Sogenannte mayodormos waren f ür die Organisation<br />

der Feldarbeit, der Zug- und Tragtiere sowie von Subeinheiten verantwortlich. Außerdem gab es Angestellte,<br />

z.B. Schreiber, Maurer, Schmiede, Feldhüter, Vorarbeiter und zum Teil Milizen. Die Saisonarbeiter aus den<br />

Gemeinden der Umgebung wurden nach Erwachsenen und Jugendlichen sowie Verheirateten und Ledigen<br />

unterschieden. Die meisten Angestellten waren infolge schlechter Bezahlung und Kreditschulden von den<br />

hacendados abhängig.<br />

Es gab zahlreiche Probleme bei der Rekrutierung von Arbeitskräften, da die Versorgungslage der Indianer oft<br />

so gut war, daß sie nicht auf Lohnarbeit angewiesen waren. Hinzu kam eine (verständliche) schlechte<br />

Arbeitsmoral, die Bevölkerungsdezimierung und konkurrierende Lohngebote der hacendados. Das Bestreben,<br />

Arbeiter dauerhaft in eine Tätigkeit zu binden, ließ viele Eigentümer zu mehr oder weniger illegalen<br />

Zwangsmitteln greifen:<br />

- Einräumung von Pachtverhältnissen, Waren- und Lohnvorschüssen, Nutzungsrechten<br />

- physischer Zwang, religiöse Einschüchterung, Lohnvorenthaltung, Schuldvererbung<br />

- Manipulation der Buchführung, betrügerische Vereinbarungen mit lokalen Funktionären<br />

- Zerstörung der dörflichen Subsistenz durch Landerwerb und Flächenusurpierung<br />

- schuldrechtliche Arbeitsverpflichtung<br />

Um Arbeitskräfte zum Bleiben zu zwingen, weigerten sich viele hacendados, geringe Schuldbeträge<br />

zurückzunehmen. Aufgrund der schlechten Bezahlung und ausstehender Lohnschulden kam es zu gelegentlichen<br />

Tumulten.<br />

Die geringe Fläche der Unternehmen bedeutete oft eine geringe Betriebstechnik. Der Wert des religiösen<br />

Inventars wurde oft höher geschätzt als der des landwirtschaftlichen. Ausnahmen bildeten allein die haciendas<br />

des Jesuitenordens, dem bedeutensten Eigentümer im Hochland von Puebla-Tlaxcala, der sich durch steten<br />

Kapitalzufluß, eine straffe Organisation sowie landwirtschaftliche Kenntnisse auszeichnete. Durch das<br />

Aufkaufen von Grundbesitz entstanden aber einige relativ große Haciendas mit Ackerland, Weideland und Wald.<br />

Die Ausdehnung des größten Grundbesitzes der Gegend, der Hacienda von Jalapasco, betrug um das Jahr 1800<br />

mehr als 22.000 ha.<br />

19 NICKEL 1978, S. 55<br />

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