A R B E I T S B E R I C H T E - Geographisches Institut
A R B E I T S B E R I C H T E - Geographisches Institut
A R B E I T S B E R I C H T E - Geographisches Institut
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Dieser hat sich in zwei Phasen entwickelt. Vor 1970 bis zum Anfang der 80er Jahre war Oaxaca ein Geheimtip<br />
vor allem f ür junge Leute, die preiswert und alternativ reisen wollten. Ein Markenzeichen f ür diese Tourismusform<br />
in Oaxaca war der Vegetaris- mus. Die Stadtverwaltung tolerierte<br />
diese Form des Tourismus. Aber in den 1980ern wendete sich das Blatt: im<br />
Verein mit Pauschal- und Kulturrei- sen setzte eine bewußte Politik zur<br />
Förderung dieser Tendenzen ein. Das Preisniveau stieg; in der gut erhaltenen<br />
Altstadt begann man von offizieller Seite her, mehr Sauberkeit und<br />
niedrigere Lärmbelastung durchzu- setzen; eine Fußgängerzone wurde<br />
eingerichtet. Zur gleichen Zeit ent- deckten US-Amerikaner, darunter viele<br />
Rentner, die Stadt f ür sich - was man wörtlich verstehen kann. Ähnlich wie in San Miguel de Allende entsprechen<br />
auch heute die touristischen Einrichtungen nordamerikanischen Vorstellungen, die sich nicht selten dezidiert<br />
gegen die mexikanische Lebensart wenden. Den neuen Formen<br />
des Tourismus ist die Präsenz der Nordamerikaner nur<br />
förderlich, und die Stadtverwaltung sieht sie mit Wohlwollen:<br />
Sie übernehmen freiwillig die Verantwortung für eine denkmalschutzgerechte<br />
private Renovierung und Instandhaltung der<br />
historischen Bausubstanz; sie bringen Kapital in die strukturschwache<br />
Region; sie betreiben den Großteil der Reiseagenturen<br />
und der Gastronomie im historischen Stadtkern. Dazu<br />
zählen viele gehobene vegetarische Restaurants, Szenekneipen,<br />
Cafés, wo „ richtiger“ Kaffee serviert wird.<br />
Reiseagenturen bieten Reitausflüge mit „ echten“ Indianern<br />
an. Die Einrich tungen entsprechen dem Standard, den die<br />
meist europäischen und nordamerikanischen Touristen<br />
gewöhnt sind und erwarten. Daneben ist Oaxaca auch bei der<br />
mexikanischen Oberschicht als Reiseziel beliebt.<br />
Stadtrundgang<br />
Wir beginnen unseren Stadtrundgang am Zócalo. Die Beobachtungen, die wir am Platz machen, passen genau in<br />
das oben skizzierte Bild des neueren Tourismus. Rund um den Zócalo gruppieren sich ungefähr 20 Cafés und<br />
Restaurants mit einem überdurchschnittlichen Preisniveau - selbst in der Innenstadt von Puebla kann man<br />
billiger essen. Das Publikum setzt sich aus vielen Touristen und einigen wohlhabenden Mexikanern zusammen,<br />
die zum Teil von bettelnden<br />
Kindern umringt werden. Die<br />
Küche ist international, die<br />
Speisekarten sind zweisprachig<br />
in Spanisch und Englisch.<br />
Gegen Mittag und gegen<br />
Abend f üllen sich die<br />
Gastronomiebetriebe, und<br />
mittags werden wir auf Englisch<br />
neben anderen Gästen<br />
gebeten, einen Fragebogen<br />
auszufüllen: Der Staat<br />
Oaxaca möchte detailliert<br />
wissen, welche Typen von<br />
Touristen welche touristisch<br />
wichtigen Orte besuchen.<br />
Diese Befragung ist ein weiteres<br />
Indiz für das Interesse der<br />
öffentlichen Verwaltung am<br />
Tourismus. Ungefähr um 23<br />
Uhr zieht sich die Polizei vom<br />
Auf dem Zócalo von Oaxaca 3<br />
Zócalo zurück; dann tauchen verstärkt ambulante Händler auf, die auf dem Platz tagsüber nur relativ spärlich<br />
vertreten sind.<br />
3 Quelle: Anna Jagdmann/Wibke Rissling-Erdbrügge, Aufnahme vom 17. September 1998<br />
67