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40 Jahre Informatik in München - Fakultät für Informatik - TUM

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Persönlichkeiten, die e<strong>in</strong>e Rolle <strong>in</strong> der <strong>in</strong>ternationalen <strong>Informatik</strong> spielten,<br />

so u.a. E. W. Dijkstra, der bei se<strong>in</strong>en Vorträgen durch theatralische<br />

Gesten auffiel und mit e<strong>in</strong>igen Kollegen mehr oder weniger ernste Gedankenbälle<br />

h<strong>in</strong>- und herspielte. Das ärgerte Herrn Seegmüller, der <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Podiumsbeitrag betonte: “We will not play with ALGOL 60, we will<br />

work with the language.” Dabei fiel das Bonmot “ALGOL-Playboys”,<br />

das Herrn Seegmüller viel Achtung e<strong>in</strong>trug.<br />

1961/62 war Prof. J. Richard Büchi von der Ann Arbor University (USA)<br />

Gastprofessor an der Universität Ma<strong>in</strong>z, e<strong>in</strong>geladen von den Herren Bauer<br />

und Samelson. Se<strong>in</strong> Wirkungsfeld war die von ihm mit<strong>in</strong>itiierte Automatentheorie,<br />

woran auch Peter Deussen arbeitete, der im Herbst 1960<br />

von der TH <strong>München</strong> zu uns gestoßen war. Herr Büchi bereicherte<br />

den <strong>in</strong>formatikwissenschaftlichen Gedankenaustausch ungeme<strong>in</strong>, zumal<br />

er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Vorlesungen zur Automatentheorie mit se<strong>in</strong>er (damals) eigenwilligen<br />

algebrentheoretischen und prädikatenlogischen Sicht und Notation<br />

aufwartete. Selbst auswärtige Kollegen wie die Herren G. Hotz<br />

aus Saarbrücken und K. H. Böhl<strong>in</strong>g aus Bonn besuchten die Vorlesung<br />

gelegentlich.<br />

Auf Herrn Büchis Anregung behandelten wir im Sem<strong>in</strong>ar die Postschen<br />

kanonischen Ersetzungssysteme, die den spezielleren sog. normalen Systemen<br />

wie auch den spezielleren sog. Semi-Thue-Systemen äquivalent<br />

s<strong>in</strong>d. Die kontextfreien Grammatiken, die seit dem ALGOL 60-Bericht<br />

e<strong>in</strong>e große Rolle <strong>für</strong> die Programmiersprachenbeschreibung zu spielen begannen,<br />

können als e<strong>in</strong>geschränkte Semi-Thue-Systeme gesehen werden.<br />

Denkwürdig ist, wie Herr Büchi und Herr Bauer lange geme<strong>in</strong>sam an der<br />

Tafel gestanden und ane<strong>in</strong>ander vorbeigeredet haben. Damals konnten<br />

wir Zuhörer das Mißverstehen leider auch nicht auflösen. Im Kolloquium<br />

1989 <strong>in</strong> <strong>München</strong> zu Herrn Bauers 65. Geburtstag berichtete ich darüber:<br />

Herr Büchi verstand unter Variablen Platzhalter <strong>für</strong> Symbolreihen <strong>in</strong> kanonischen<br />

Produktionen, Herr Bauer dachte an nichtterm<strong>in</strong>ale Symbole,<br />

die damals mitunter Variablen genannt wurden, weil sie auch gewisse,<br />

aber doch andere Ersetzungsfunktion hatten.<br />

In jener Zeit lernten wir kontrapunktisch zu den normalen Systemen<br />

Herrn Büchis regulär kanonische Systeme kennen (1964 publiziert), die<br />

überraschenderweise den endlichen Automaten gleichmächtig s<strong>in</strong>d. Sie<br />

erlauben äußerst elegante E<strong>in</strong>sichten <strong>in</strong> Entscheidungsprobleme bei formalen<br />

Sprachen, so z.B. <strong>in</strong> D. Knuths LR(k)-Eigenschaft kontextfreier<br />

Grammatiken (1965, Langmaack 1971) und <strong>in</strong> P. Kandzias formaler ‘most<br />

recent’-Eigenschaft (1974), die E. W. Dijkstra fatalerweise allen ALGOL-<br />

Programmen zugeschrieben hat.<br />

Herr Büchi hatte 1959 auf dem Gebiet der mathematischen Logik bei<br />

Prof. Paul Bernays an der ETH Zürich promoviert, letzterer e<strong>in</strong> ange-<br />

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