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Schöne neue Demokratie - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Staats gewalttätig einmischen.« 2 Dieses Herangehen wurde dann auch die Grundlage<br />

der UNO-Charta. Dort heißt es im Artikel 1, dass es Ziel der Vereinten Nationen<br />

ist, »den Weltfrieden und die internationale Sicherheit aufrechtzuerhalten«<br />

sowie »freundschaftliche Beziehungen zwischen den Nationen zu entwickeln, die<br />

auf der Achtung des Prinzips der Gleichberechtigung und des Selbstbestimmungsrechts<br />

der Völker beruhen«. Art. 2 umreißt die Grundsätze, um die Ziele aus<br />

Art. 1 zu realisieren. Dazu gehören der »Grundsatz der souveränen Gleichheit«<br />

aller Staaten sowie die Regelung ihrer »internationalen Streitigkeiten mit friedlichen<br />

Mitteln«. Imperiale Politik überhaupt und imperiale Politik des Krieges sind<br />

in allem das Gegenteil dessen. Die Verteidigung des Friedens wurde wieder zur<br />

Tagesaufgabe. Nach Immanuel Kant darf die rechtliche Ordnung nicht von der<br />

moralischen Besserung der Menschen abhängen, sondern sie muss selbst »für ein<br />

Volk von Teufeln (wenn sie nur Verstand haben)« 3 als Konsequenz einen Friedenszustand<br />

haben. Ein Zeitalter von Interventionen, und sei es unter »humanitärem«<br />

Vorzeichen, ist ein Zeitalter des Kriegszustandes und des Unrechts. Ein Friedenszustand<br />

dagegen ist außerhalb einer Rechtsordnung, die für alle gilt, nicht zu<br />

haben.<br />

Sind die »Neuen« Kriege neu?<br />

Am 22. Juni 1941 wurde im Berliner Olympiastadion das Endspiel der großdeutschen<br />

Fußball-Meisterschaft zwischen Schalke 04 und Rapid Wien ausgetragen;<br />

obwohl nach einer Stunde Schalke mit 3:0 geführt hatte, endete es mit 3:4 für<br />

Wien. Als ich, Abiturient noch, erstmals davon las, dass am Tage des Überfalls auf<br />

die Sowjetunion dieses Spiel stattgefunden hatte, hielt ich dies für einen Gipfelpunkt<br />

der Blasphemie. Der Beginn des großen Krieges zwischen den Hauptkontrahenten<br />

der Geschichte des 20. Jahrhunderts hätte doch einer anderen Ernsthaftigkeit<br />

bedurft. Erst später begriff ich, dass dies die Imperien angemessene Art der<br />

Kriegsführung ist. Der »totale Krieg«, in dem es in der Tat um die Existenz geht,<br />

ist die Ausnahme. Für das Nazi-Reich begann diese Ausnahme mit dem Scheitern<br />

des Blitzkrieges vor Moskau und nach Stalingrad.<br />

In den internationalen Beziehungen – im Grunde seit es aufgeschriebene Geschichte<br />

gibt – lassen sich vier Grundkonstellationen von Staatenbeziehungen<br />

ausmachen, die jeweils eigene Konstellationen der Friedenssicherung bzw. der<br />

Kriegsführung zur Folge haben:<br />

(1) Eine historische Möglichkeit wurde in der Nachkriegsordnung 1945 umrissen:<br />

eine demokratische Struktur, in der alle Staaten unabhängig von ihrer Größe,<br />

militärischen Potenz und wirtschaftlichen Macht unter der Herrschaft des Rechts<br />

2 Immanuel Kant: Zum ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf. In: Ders.: Von den Träumen der Vernunft.<br />

Kleine Schriften zur Kunst, Philosophie, Geschichte und Politik. Hrsg. von Steffen und Birgit Dietzsch, Leipzig<br />

und Weimar 1981, S. 419.<br />

3 Ebenda, S. 445.<br />

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