Schöne neue Demokratie - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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agende Rolle wie auch die Rolle des Systems der Nationalstaaten überhaupt unhaltbar<br />
abzuwerten. Staaten – und in Sonderheit der US-amerikanische Staat –<br />
sind relativ autonome aktive Einrichtungen, welche durch Recht, Zwang und Geld<br />
Klassenbeziehungen wie die Makroökonomie arrangieren und als letzte Hilfe in<br />
allen Lebenslagen fungieren, nicht nur national, sondern auch international. Alle<br />
genannten Autoren dieser Position sehen daher in 9/11 keinen weitreichenden<br />
Bruch. Für sie fasst die Rede vom American Empire im Grundsätzlichen nur<br />
Merkmalselemente des sich transformierenden US-Imperialismus und/oder seines<br />
politischen Systems, die sich schon zur Jahrhundertwende oder sukzessiv nach<br />
dem zweiten Weltkrieg herausgebildet haben. Empire oder Imperialismus haben<br />
also keineswegs erst mit einer Regierungspolitik Bush eingesetzt. Für sie ist, wie<br />
es einst William Appleman Williams formulierte, das »Empire« schon lange ein<br />
»way of life« der amerikanischen Bürger. Edward Rhodes spricht vom »informal<br />
global American empire« 128 , Amiati Etzioni vom »Semi-Empire« und Chalmer<br />
Johnson vom »verdeckten Imperialismus« 129 – oftmals freilich, ohne zu fragen, ob<br />
der Irak-Krieg für eine territorialpolitische Wende gegenüber der Tradition eines<br />
informellen Imperiums steht und welche Vorteile ihm gegenüber eine solche zeitund<br />
ressourcenraubende Unternehmung bietet. Auf dieser Linken ist so weiterhin<br />
die Behauptung einer jahrzehntelangen, durchgängigen Konstanz der Dominanzposition<br />
der USA vorhanden, der gegenüber wir es bloß mit wechselnden Rhetoriken<br />
in Sachen »Imperialismus« zu tun haben, deren Ehrlichkeits-, Wahrheits- oder<br />
Wirklichkeitsgehalt variiert; folgerichtig wird hier die Nutzung eines gesonderten<br />
Begriffs »Empire« zur Charakterisierung der gegenwärtigen Situation abgelehnt 130<br />
oder die Gültigkeit des Begriffs wird auf die gesamte Geschichte des US-Kapitalismus<br />
seit etwa 1890 ausgedehnt 131 , und das, was mit 9/11 geschah, ist nur ein<br />
»Hervortreten« und »Deutlichwerden« dieser Eigenschaft: »The American Em-<br />
128 Edward Rhodes: The Imperial Logic of Bush’s Liberal Agenda. In: Survival 1/2003, S. 143. Auch Panitch/Gindin:<br />
Empire, sprechen von einem informellen, globalen amerikanischen Imperium.<br />
129 Siehe auch Clyde Prestowitz: Schurkenstaat: Wohin steuert Amerika? Düsseldorf 2004.<br />
130 Siehe etwa Alexander Cockburn: Dare call it an empire. In: Working for Change 20. 11. 2002: »The basic aims<br />
of American international strategy have changed barely at all since the end of the Second World War. The difference<br />
is in the degree of frankness with which the brute realities of world domination are discussed.« Perry<br />
Anderson weist in »Casuistries of Peace and War« (in: London Review of Books v. 6.3.2002) auf die Verschiebung<br />
der Argumente hin: »Historically, the United States has always reserved the right to act alone where<br />
necessary, while seeking allies wherever possible. In recent years it acted alone in Grenada, in Panama, in Nicaragua,<br />
and which of its allies now complains about current arrangements in any of these countries? As for the<br />
UN, Nato did not consult it when it launched its attack on Yugoslavia in 1999. In which every European ally that<br />
now talks of the need for authorisation from the Security Council fully participated, and which 90 per cent of<br />
the opinion that now complains about our plans for Iraq warmly supported.«<br />
131 Siehe William Appleman Williams: The Tragedy of American Diplomacy. New York 1972, S. 55: »The empire<br />
that results [from an advanced industrial nation’s controlling endeavors] may well be informal in the sense that<br />
the weaker country is not ruled on a day-to-day basis by resident administrators, or in-creasingly populated by<br />
emigrants from the advanced country, but it is nevertheless an empire. The poorer and weaker nation makes its<br />
choices within limits set, either directly or indirectly, by the powerful society, and often does so by choosing<br />
between alternatives actually formulated by the outsider.«<br />
132 Leo Panitch; Sam Gindin: Global Capitalism and American Empire. In: Socialist Register 2003, S. 1.<br />
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