Schöne neue Demokratie - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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ist nach Harvey mit einer intensiven Konkurrenz verbunden. Zur Beschreibung<br />
der zweiten Form der Akkumulation erinnert Harvey daran, dass alle die Merkmale<br />
der von Marx »primitiv« oder »ursprünglich« genannten Akkumulation in<br />
der Entstehungsphase des Kapitalismus in seiner weiteren Entwicklung nicht verschwunden<br />
seien, sondern durchgängiges und ständiges Merkmal einer kapitalistischen<br />
Entwicklung blieben, zu der das Element der Gewalt und des Expansiven<br />
bzw. Imperialen schon immer gehörte. 140 Im Unterschied zur erweiterten Reproduktion,<br />
welche die Aneignung neu geschaffenen Mehrwerts einschließt, baut dieser<br />
kontinuierliche Prozess der »Akkumulation durch Enteignung« auf der Aneignung<br />
bereits existierenden Mehrwerts auf. Auch dadurch werden Krisen der<br />
Überakkumulation ständig neu gelöst: »What accumulation by dispossession does<br />
is to release a set of assets (including labour power) at very low (and in some instances<br />
zero) cost. Overaccumulated capital can seize hold of such assetss and immediatley<br />
turn them to profitabel use.« 141 Diese Akkumulationspraxis spielte in<br />
den einzelnen Entwicklungsphasen des Kapitalismus eine unterschiedliche Rolle.<br />
In der ersten Phase der politischen Herrschaft der Bourgeoisie zwischen 1884 und<br />
1945 trat sie anfänglich ebenso wie in den 30er Jahren in den Vordergrund, als im<br />
geopolitischen Kampf verschiedener kapitalistischer Hauptmächte ein Großteil<br />
der Welt kriegerisch ausgeplündert wurde. Nachdem im folgenden Zeitalter der<br />
US-amerikanischen Hegemonie nach 1945 das Problem der Überakkumulation<br />
noch begrenzt werden konnte, änderte sich Ende der 60er Jahre die Situation. Im<br />
Zentrum der folgenden Periode neoliberaler Hegemonie stand mit dem Projekt der<br />
Privatisierung ein ungeheurer Schub der »Akkumulation durch Enteignung«, die<br />
in der Zeit nach der Überakkumulationskrise 1973-1975 als primäre Widerspruchsbeziehung<br />
142 innerhalb der imperialistischen Organisation der Kapitalakkumulation<br />
in den Vordergrund zu treten begann und die durch eine globale Öffnung vorhandener<br />
und Schaffung <strong>neue</strong>r Märkte erreicht wurde. Angesichts der abnehmenden<br />
Stärke der US-amerikanischen Produktion realisierte sie sich durch eine <strong>neue</strong><br />
Dominanz des US-Finanzkapitals, die sich am ausgeprägtesten unter Clinton<br />
im Medium eines »centralized multilateralism« 143 der regionalen Triade USA/<br />
Europa/Asien zeigte. Die Ausweitung des Kapitalakkumulation auf ein weiteres<br />
»Drittel der Welt« nach 1989 und die kapitalistische Transformation Chinas hat<br />
diesem neoliberalen Akkumulationstypus einen ungeheuren Schub gegeben, da<br />
140 »These include the commodification and privatization of land and the forceful expulsion of peasant populations;<br />
the conversion of various forms of property rights (common, collective, state, etc.) into exclusive private property<br />
rights; the supression of rights to the commons; the commodification of labour power and the suppression<br />
of alternative (indigenious) forms of production and consumption; colonial, neo-colonial, and imperial processes<br />
of appropriation of assets (including natural ressources); the monetization of exchange and taxation, partucularly<br />
of land; the slave trade; and usury, the national debt, and ultimately the credit system as radical means<br />
of primitive accumulation.« Ebenda, S. 145.<br />
141 Ebenda, S.149<br />
142 So ebenda, S. 172, 177. Vorsichtiger in: Ders: Der »<strong>neue</strong>« Imperialismus: Akkumulation durch Enteignung, Supplement<br />
der Zeitschrift Sozialismus 5/2003, S. 24 f. sowie in einem Interview in Sozialismus 11/2003, S. 27.<br />
143 Harvey: Imperialism, S. 68.<br />
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