18.01.2013 Aufrufe

Schöne neue Demokratie - Rosa-Luxemburg-Stiftung

Schöne neue Demokratie - Rosa-Luxemburg-Stiftung

Schöne neue Demokratie - Rosa-Luxemburg-Stiftung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

nun gleichsam planetar Institutionen beseitigt wurden, welche (warum auch immer)<br />

die Gesellschaft vor dem Markt schützten. Der »<strong>neue</strong> Imperialismus«, von<br />

dem Harvey spricht, »appears as nothing more than the revisiting of the old,<br />

though in a different place and time«. 144 Insofern haben wir es nach seiner Konzeption<br />

mit Kontinuität zu tun (Akkumulation durch Enteignung), aber auch mit<br />

Bruch – dem Übergang vom neoliberalen zum neo-konservativen Imperialismus.<br />

Die Bush-Administration steht somit für eine Phase, in der »Akkumulation durch<br />

Enteignung« die dominante Form kapitalistischer Akkumulation wird, zu der aber<br />

auch ein eigenes politisches Projekt gehört, denn bereits vor 9/11 war nach Harveys<br />

Ansicht das neoliberale Modell erschöpft. »The Bush administration’s shift<br />

towards unilateralism, towards coercion rather than consent, towards a much more<br />

overtly imperial vision, and towards reliance upon its unchallengeable military<br />

power, indicates a high-risk approach to sustaining US domination, almost certainly<br />

through military command over global oil resources. Since this is occuring<br />

in the midst of several signs of loss of dominance in the realms of production and<br />

now (though as yet less clearly) finance, the temptation to go for exploitative<br />

domination is strong.« 145 Problematisch bei Harvey’s Unterscheidung zwischen<br />

erweiterter Akkumulation und Akkumulation durch Enteignung (die im Übrigen<br />

auch an die Arbeit der Autoren der monopolkapitalismustheoretischen Schule<br />

(Kalecki, Tsuru, Baran und Szweezy oder Magdoff anknüpft) ist allerdings, wie<br />

die Akkumulation durch Enteignung erfasst und die (auch damit einhergehenden)<br />

Phasen der Überakkumulation empirisch präzise erkannt werden können. Die Einführung<br />

einer inhaltlich äußerst weitgespannten, zahlreiche völlig unterschiedliche<br />

Prozesse einschließenden Kategorie der »Akkumulation durch Enteignung«<br />

erlaubt keine präzise und empirisch gehaltvolle Zurechnung von Effekten. 146<br />

Das zentrale Unterscheidungsmerkmal nun zwischen dem neoliberalen und<br />

dem neokonservativen Imperialismus ist, dass der Neokonservatismus nach innerer<br />

und äußerer Ordnung strebt, hierfür moralpolitisch und militärisch mobilisierte<br />

144 Ebenda, S. 182.<br />

145 Ebenda, S. 75. Auch Giovanni Arrighi betonte in einem Workshop („Global Capitalism and World System<br />

Theory«) an der Universität Marburg am 4. Juni 2005, dass das neokonservative Projekt keine Verlängerung,<br />

sondern ein Verlassen (»departure«) des Neoliberalismus sei, das die Erkenntnis reflektiere, dass der Markt die<br />

Position der USA nicht begünstige, weshalb eine militärische Intervention (zum Beispiel zur Sicherung der US-<br />

Macht über die Ressource Öl) notwendig sei.<br />

146 Siehe Jonathan Nitzan; Simshon Bichler: New Imperialism or New Capitalism? Montreal/Jerusalem 2004, S. 9<br />

f., die folgerichtig »Macht« als zentrales Element einer Werttheorie einführen, versuchen Kapital und Staat aufs<br />

engste miteinander zu verbinden und ein Konzept der »differentiellen Akkumulation« entwickeln: »The primacy<br />

of power in capitalism is rooted in the centrality of private ownership. ›Private‹ comes from the Latin privatus,<br />

meaning ›restricted,‹ and from privare, which means ›to deprive.‹ In the words of Jean-Jacques Rousseau: ›The<br />

first man who, having enclosed off a piece of land, got the idea of saying »This is mine« and found people simple<br />

[minded] enough to believe him was the true founder of civil society‹ (Rousseau 1754: Second Part). The<br />

most important feature of private ownership is not to enable those who own, but to disable those who do not.<br />

(…) In this sense, private ownership is wholly and only an act of exclusion, and exclusion is a matter of power.<br />

Exclusion does not have to be exercised. What matters is the right to exclude and the ability to exact terms for<br />

not excluding. These ›terms‹ are the source of accumulation.« (S. 19).<br />

194

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!