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Schöne neue Demokratie - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Ein fairer Körperumgang im Sinne (gebotener) Rücksichtnahme auf ein das eigene<br />

Dasein übergreifendes und bestimmendes Sein kollidiert aber teilweise mit<br />

den Freiheitsrechten des Einzelnen in modernen Gesellschaften.<br />

Auch das »weithin anerkannte Recht auf Schutz des eigenen Körpers vor Angriffen<br />

beruht auf der Annahme, dass jeder Mensch unabhängig von der Zustimmung<br />

anderer berechtigt ist, seinen Körper nach eigenem Gutdünken zu gebrauchen;<br />

genauer; dass er (1) andere von seinem Gebrauch ausschließen und (solange<br />

er niemamden schadet) (2) ihn zu beliebigen Zwecken und (3) im eignen Interesse<br />

gebrauchen darf. Diese Annahme gesteht jedem Menschen das Recht zu, den eigenen<br />

Körper unter den denselben drei Bestimmungen zu gebrauchen, unter denen<br />

man eine Sache als Eigentum gebrauchen darf. Das natürliche Recht auf<br />

Schutz des eigenen Körpers ist daher ein Recht, das den eigenen Körper wie ein<br />

privates Eigentum zu gebrauchen erlaubt.« 7 Aber selbst in der oben genannten<br />

schwachen Bedeutung von Fairneß ist schon enthalten, dass die Freiheit des Einzelnen<br />

nicht so weit gehen kann, dass er solche Organe veräußern darf, deren Verkauf<br />

die Grundlagen seiner Freiheit selbst prinzipiell infrage stellen würde. Die<br />

freie Nutzung des Körpers darf nicht soweit gehen, dass sich die Individuen selbst<br />

in die Sklaverei führen und den freien Gebrauch ihres Körpers dazu benutzen, ihre<br />

Freiheit prinzipiell infragezustellen. Die Grenze der Körpernutzung besteht folglich<br />

allgemein darin, dass die Grundlagen der persönlichen Freiheit nicht aufgehoben<br />

werden und Menschen weder durch andere noch durch sich selbst versklavt<br />

werden dürfen. Die Freiheit der Körperverwertung hat ihre Grenze dort, wo der<br />

Mensch aus Freiheit durch grenzenlose Selbstverwertung sich selbst seiner Feiheit<br />

beraubt und sich als Selbsteigentum und Selbstbesitz aufgegeben hat, um etwas zu<br />

haben.<br />

Dabei ist allerdings zu beachten, dass nicht jede Vermarktung des Körpers, dass<br />

die Monetarisierung der Körperfunktionen und Körperteile nicht schon an sich<br />

eine Versklavung und Bedrohung der Freiheit bedeuten muss, sondern die Monetarisierung<br />

des Körpergebrauchs in der Moderne selbst als Bedingung der Möglichkeit<br />

von Freiheit funktionierte, was gerade aber die Eingrenzung der Körperinstrumentalisierung<br />

zur Voraussetzung hatte.<br />

Diese Position scheint in etwa mit der von Nietzsche zu korrespondieren, der<br />

auch von »Gesetze(n) des Körpers« (und des Geistes) spricht, gegen die zu verstoßen<br />

uns alle in eine »beschämende Abhängigkeit und Unfreiheit« bringt – nämlich<br />

in die »überflüssige Abhängigkeit von Aerzten, Lehrern und Seelsorgern« 8 ,<br />

die uns nach Ansicht einiger Radikal-Foucaultianer im Vorsorgestaat (und insbesondere<br />

im Hochleistungssport) unseres Körpers enteignet haben, indem sie sich<br />

das Fürsorgerecht in bezug auf unseren Körper technologisch und institutionell<br />

7 Ulrich Steinvorth: Natürliche Eigentumsrechte, Gemeineigentum und geistiges Eigentum. In: Deutsche Zeitschrift<br />

für Philosophie, Heft 52 (2004) 5, S. 724.<br />

8 Vgl. Friedrich Nietzsche: Sämtliche Werke. Kritische Studienausgabe in 15 Einzelbänden. Hrsg. von G. Colli und<br />

M. Montinari. München/Berlin/New York 1980. Bd. 2, S. 541.<br />

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