Schöne neue Demokratie - Rosa-Luxemburg-Stiftung
Schöne neue Demokratie - Rosa-Luxemburg-Stiftung
Schöne neue Demokratie - Rosa-Luxemburg-Stiftung
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
(d. Verf.)] zehnmal mehr in den Niederlanden als in China investiert hat. Die europäische<br />
Wirtschaft erzeugt mehr als 60 Prozent aller <strong>neue</strong>n Arbeitsplätze, die<br />
von internationalen Investoren in den USA geschaffen worden sind.« 107 Für diese<br />
Autoren sticht eben das Argument der Ökonomie gegen die Idee des Empire. Auf<br />
einer anderen Ebene liegt die Komplementarität von liberaler Ökonomie und Imperialität,<br />
die zwischen neokonservativer und liberaler Position Übereinstimmung<br />
schafft: Freie Märkte, so war schon im 19. Jahrhundert die ideologisch wirksame<br />
Gedankenführung, benötigten zur Risikovermeidung und Selbstsicherung eine<br />
rechtlich abgesicherte und politisch vermittelte »Einbettung« (Polanyi) in die Gesellschaft.<br />
108 Sie erforderten eine Kraft, die imstande sei, auf die marktbedingten<br />
Ungleichheiten, Krisen und Verelendungen mitsamt ihren Effekten politischer<br />
Aufrührertums und Rebellion durch Gewalt, <strong>neue</strong> Regeln und ökonomische Kompensationen<br />
zu reagieren. Die liberalimperialen Tugenden werden angerufen: nationale<br />
Interessen, Bereitstellung des öffentlichen Guts der globalen Sicherheit,<br />
singuläre Kapazität zur Intervention. Ein imperiales Ausgreifen vermittle sich<br />
auch über die Notwendigkeit, der liberalen Ökonomie <strong>neue</strong> Kapitalanlagemöglichkeiten<br />
zu erschließen, um reale oder potentielle Kriseneffekte aus der notorischen<br />
Situation der Überakkumulation zu vermeiden. Es geht um Ausbreitung des<br />
globalen Liberalismus. Die Idee der Umsetzung der Marktexpansion in eine imperiale<br />
politische Struktur wird hier geradezu geläufig. 109 Im Mittelpunkt der liberalen<br />
Geopolitik steht die Geoökonomie.<br />
Die Fokussierung des neokonservativen Projekts auf militärische Ressourcen<br />
untergräbt nach Ansicht der Nye u. a. endlich auch die hegemoniale Stellung der<br />
USA. Anatol Lieven etwa forderte, die USA sollten »behave as a conservative<br />
hegemon, defending the existing international order and spreading its values by<br />
example«. Diese Hegemonie werde jedoch durch einen von der Bush-Administration<br />
repräsentierten und beförderten amerikanischen Nationalismus gefährdet:<br />
»American nationalism is beginning to come into serious conflict with any enlightened<br />
or even rational version of American imperialism« und entwickle sich<br />
zu einer »extremely unstable basis for hegemony«. 110 Der Übergang zu imperialen<br />
107 Daniel S. Hamilton: Die Zukunft ist nicht mehr, was sie war. Europa, Amerika und die <strong>neue</strong> weltpolitische Lage.<br />
Robert-Bosch-<strong>Stiftung</strong> Stuttgart 2002, S. 29 f. Freilich: von Mitte der 60er bis Mitte der 70er sank der Anteil<br />
der USA am Weltexport von 15 Prozent auf 11 Prozent, während der Exportanteil der Güter aus US-Fabriken<br />
bei 17 Prozent blieb.<br />
108 Darauf zielte die Korrektur der Formel »trade not rule« in der klassischen Studie von Gallagher und Robinson:<br />
»(t)he usual summing up of the policy of the free trade empire as ›trade not rule‹ should read ›trade with informal<br />
control’ if possible; trade with rule when necessary‹«, John Gallagher; Ronald Robinson: The Imperialism<br />
of Free Trade. In: The Economic History Review 1/1953, S. 13.<br />
109 Vgl. Robert E. Prasch: Neoliberalism and Empire: How Are They Related? In: Review of Radical Political<br />
Economics 3/2005, S.281-287.<br />
110 Anatol Lieven: In the Mirror of Europe: The Perils of American Nationalism. In: Current History Nr. 677 (2004),<br />
S. 101. Detailliert dann in seinem Buch: America Right or Wrong: An Anatomy of American Nationalism. Oxford<br />
2004.<br />
179