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Schöne neue Demokratie - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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sche Kosten und Widerstandsmöglichkeiten sichtbar werden. Insofern darf die<br />

Konfrontation der unterschiedlichen Textsorten in meinem Beitrag nicht mit einer<br />

Ableitung verwechselt werden.<br />

Die Subjektanforderungen stehen im engen Zusammenhang mit den veränderten<br />

Anforderungen an Arbeitskräfte – Produktions- und Lebensweise. In Anlehnung<br />

an Ursula Huws spricht Candeias 14 von der Herausbildung eines Kybertariats<br />

und Prekariats:<br />

Das Kybertariat meint die hochqualifizierten, flexiblen, in Projektarbeit »beschäftigter<br />

Individuen, die den alten Habitus des Arbeiters abgelegt haben, gewerkschaftlichen<br />

Organisationsstrukturen skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen,<br />

deren Tätigkeiten durch die Bedienung/Beherrschung von I&K-Technologien geprägt<br />

sind«. Sie dürfen sich angesprochen fühlen von der Hochglanzseite des Neoliberalismus:<br />

die Freisetzung von Kreativität, die Verflachung von Hierarchien,<br />

Selbstverwirklichung und Selbstbestimmung in der Arbeit scheint hier realisiert.<br />

Die Autonomie ist allerdings nicht ohne Selbstausbeutung zu haben und wird gehandelt<br />

um den Preis erhöhter Arbeitsbelastung und eines hohen Konkurrenzdrucks:<br />

»Prekarisierungsängste, wie wir sie selbst in den Sektoren mit hoch qualifizierter<br />

Informationsarbeit finden, sind subjektiv nicht minder belastend als<br />

Prekaritätserfahrungen« 15 . Das Prekariat betrifft »ein wachsendes Subproletariat<br />

in unsicheren Beschäftigungsverhältnissen und geringer Entlohnung« 16 , das unter<br />

anderem durch die Reformen des Sozialstaates hergestellt wird. Am anderen »Ende«<br />

weiten sich prekäre Arbeitsformen und Niedriglohnbereiche aus: »Eingezwängt in<br />

die schnellen tempi der <strong>neue</strong>n Produktionsweise existieren die ›Resttätigkeiten‹,<br />

die unter den alten Bedingungen von Hitze, Lärm und Schmutz monotonrepetitive<br />

Teilfunktionen auf sich konzentrieren.« 17 In den Maquiladoras und Sweat-Shos<br />

der »freien Wirtschaftszonen« sind scharfer Blick und geschickte Hände gefragt,<br />

daher trifft es oft junge Frauen, die diese Tätigkeiten ausführen. So kommt es hier<br />

zu einer »Feminisierung der Arbeit«. Zum Zwang zur Niedriglohnarbeit durch Armut<br />

und den Abbau von Sozialleistungen kommt der »Einsatz von Leih- und Zeitarbeit,<br />

die Entstehung von <strong>neue</strong>n Branchen, deren Arbeitswirklichkeit mit der neoliberalen<br />

Regierungspolitik der Verbreitung des Niedriglohnsektors auch in den<br />

industriell entwickelten Ländern aller Hoffnung auf eine Humanisierung der Arbeit<br />

Hohn spricht« 18 . Sicherlich sind beide Phänomene nicht immer klar voneinander<br />

abzugrenzen, sie werden sich gegenseitig durchwirken und gerade ideolo-<br />

14 Mario Candeias: High-Tech, Hartz und Hegemonie. In: Christina Kaindl (Hrsg.): Subjekte im Neoliberalismus.<br />

Marburg 2007 (im Erscheinen).<br />

15 Klaus Dörre; Klaus Kraemer; Frederic Speidel: Marktsteuerung und Prekarisierung von Arbeit – Nährboden für<br />

rechtspopulistische Orientierungen? In: Joachim Bischoff; Klaus Dörre; Elisabeth Gauthier u.a. (Hrsg.): Moderner<br />

Rechtspopulismus. Ursachen, Wirkungen, Gegenstrategien. Hamburg 2004, S. 94.<br />

16 Mario Candeias: High-Tech, Hartz und Hegemonie. A. a. O.<br />

17 Frigga Haug: Humanisierung der Arbeit. In: Wolfgang Fritz Haug (Hrsg.): Historisch-kritisches Wörterbuch des<br />

Marxismus. Bd. 6.1. Hamburg 2004, S. 542.<br />

18 (Haug 2004, 542). Die empirische Relevanz der jeweiligen Gruppe kann hier nicht Gegenstand meiner Untersuchung<br />

sein.<br />

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