Schöne neue Demokratie - Rosa-Luxemburg-Stiftung
Schöne neue Demokratie - Rosa-Luxemburg-Stiftung
Schöne neue Demokratie - Rosa-Luxemburg-Stiftung
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
nende Macht, wie sie noch kein Land jemals hatte, aber Macht ist nicht Herrschaft.<br />
Die Welt von heute ist zu groß und vielfältig, um von Einem beherrscht zu<br />
werden…Wo Amerika herrscht, kann es das nur indirekt, seine Verbündeten sind<br />
keine Satelliten … erlauben nur ein Informal Empire, die lockere, Kräfte sparende<br />
und Ruf wahrende Vorherrschaft. Nur ohne direkte Verantwortung, ohne Regierungs-,<br />
Verwaltungs- und Fürsorgepflichten bleiben die Vereinigten Staaten fähig,<br />
ihre Weltmachtrolle weiter zu spielen. Hier zeigt sich der Unterschied zu Rom am<br />
Klarsten: Die Römer mussten Herrschaft organisieren, um Weltmacht zu bleiben;<br />
die Vereinigten Staaten müssen auf direkte Herrschaft verzichten, um ihre Weltmachtpostion<br />
aufrechtzuerhalten. Amerikas Problem ist seine Größe. Es ist zu<br />
stark, um sich in eine überstaatliche Ordnung einzufügen, aber nicht stark genug,<br />
um selbst die Welt zu ordnen. In den Augen der Welt wiederum ist Amerika unentbehrlich<br />
und unerträglich… Sein Empire, wenn man es denn so nennt, kann nur<br />
ein Empire light sein. Amerika erreicht damit lediglich die erste Stufe der Weltmacht:<br />
Es kann gegen den Protest der Weltmeinung so ziemlich alles tun, was es<br />
will; auch Großstaaten sind außerstande, es zu hindern. Die zweite Stufe der Weltmacht,<br />
auf der das Römische Kaiserreich stand, bleibt Amerika jedoch unerreichbar:<br />
Es kann nicht alle zwingen zu tun, was es will. Ein Imperium wie das römische<br />
zu schaffen, wird Amerika deshalb versagt sein.« 159<br />
Die zweite große historisch-geopolitische Referenz der US-amerikanischen<br />
Debatte um das American Empire bezieht sich auf das eigene Herkunftsland – das<br />
britische Empire – und dann natürlich auf die eigene Kolonialgeschichte, womit<br />
sie sich vorwiegend auf die ersten zwei Zyklen des Versuchs konzentriert, ein<br />
amerikanisches Empire zu schaffen (1898-1919 bzw. zu Zeiten Roosevelts »New<br />
Order«) – ein Versuch, in dessen Ergebnis die USA zur Großmacht wurden. Wo<br />
liegen nun Differenzen zwischen dem klassischen imperialen Projekt des britischen<br />
Imperialismus und der aktuellen Option eines »American Empire«?<br />
• Für Eric Hobsbawn sind die gegenwärtige Weltsituation und das US-imperiale<br />
Projekt in mehrfacher Hinsicht präzedenzlos: »The great global empires of<br />
the past – such as the Spanish and notably the British – bear little comparison with<br />
what we see today in the United States empire. A key novelty of the US imperial<br />
project is that all other empires knew that they were not the only ones, and none<br />
aimed at global domination. None believed themselves invulnerable, even if they<br />
believed themselves to be central to the world – as China did, or the Roman empire.<br />
Regional domination was the maximum danger envisaged until the end of the<br />
cold war. A global reach, which became possible after 1492, should not be confused<br />
with global domination.« 160 Es geht nicht um ein Intervenieren in die Weltpolitik,<br />
sondern um deren Beherrschung, um »world supremacy«. 161<br />
159 Peter Bender: Imperium als Mission. Rom und Amerika im Vergleich. In: Blätter für deutsche und internationale<br />
Politik 7/2005, S. 863.<br />
160 Eric Hobsbawn: America’s imperial delusion. In: The Guardian v. 14. 6. 2003.<br />
161 Eric Hobsbawn: America’s Neo-Conservative World Supremacists Will Fail. In: Guardian v. 25. 6. 2005.<br />
201