Schöne neue Demokratie - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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Rainer Rilling<br />
Imperialität. US-amerikanische Diskurse seit 9/11<br />
Neue Fragen zur Ordnung der Welt<br />
Um eine <strong>neue</strong> Revolution in der Weltpolitik wird gekämpft. Seit Anfang des Jahrzehnts<br />
steht die Grand Strategy einer Weltordnungspolitik neu zur Debatte und<br />
Entscheidung. Ihr Thema ist die Antwort auf die Schlüsselfrage der Weltpolitik –<br />
wer profitiert und wer kommandiert? Ihr Gedanke ist: Sicherung des globalisierten<br />
Kapitalismus durch ein dauerhaftes American Empire, das nicht herausgefordert<br />
werden kann. In der Welt, in der wir leben, haben wir es mit einem Versuch<br />
zu tun, das Projekt eines neoliberalen Empire zu realisieren. Das kommt nicht von<br />
ungefähr. Die Tradition des Projekts eines American Empire hat eine Jahrhundertgeschichte<br />
– so gesehen ist es bislang nicht mehr als eine Episode. Sein neoliberales<br />
Milieu entstand in den letzten vier Jahrzehnten. Seine mächtigsten Akteure<br />
fanden sich im letzten Vierteljahrhundert. Seine Ambition, die Praxis und das Profil<br />
seiner Großen Strategie konturierten sich in den 90er Jahren. Sein Katalysator<br />
und machtpolitischer Durchbruch endlich war Nineeleven. Der lange Krieg im<br />
Irak ist seine erste Probe. Schlägt sie fehl, womöglich dramatisch, ist dieses Projekt<br />
noch lange nicht aus der Wirklichkeit.<br />
Seine Debatte prägt den Diskurs über die politische Ordnung des globalen Kapitalismus.<br />
Jede Ära der internationalen Politik hat ihren eigenen Diskurs und zentrale<br />
Begrifflichkeit. Diese Begriffe, die Zeiten repräsentieren und unterscheiden,<br />
sind selbst Konstrukte und stehen für Diskursherrschaft, wie Toni Morrison schrieb:<br />
»Definitions belong to the definers — not the defined.« 1 In den 30er Jahren ging<br />
es um »Faschismus«, »Volksfront«, »Isolationismus«, »Appeasement« und »Krieg«.<br />
Der Kalte Krieg beschrieb sich mit Begriffen wie »Stalinismus«, »Freiheit«,<br />
»Containment«, »Deterrence« oder »Détente«. Die Zeit nach 1989, die noch keinen<br />
eigenen Namen hat, verhandelt »Unipolarität«, »Globalisierung«, »Terrorismus«,<br />
»Prävention«, »Freiheit« oder »Empire«. Der Versuch, zur Charakterisierung<br />
der <strong>neue</strong>n Substanz der gegenwärtigen politischen Weltordnung den Begriff<br />
des Imperialen zu reaktualisieren, ist hier die vielleicht auffälligste Veränderung.<br />
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war der Begriff »Empire« weitgehend<br />
aus der politischen Debatte verschwunden und zu einem Gegenstand der Geschichtswissenschaft<br />
geworden. Was dort dann beschrieben wurde, schloss allerdings die<br />
USA aus: 1955 vermerkte der Historiker William Appleman Williams, dass »eines<br />
der zentralen Themen der amerikanischen Geschichtsschreibung« gewesen sei,<br />
1 Toni Morrison: Beloved. New York 1987, S. 190.<br />
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