Schöne neue Demokratie - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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ses, status-of-forces agreements, trade concessions, multinational corporations,<br />
cultural penetrations, and other favors. But these are marginal to the subject of<br />
direct control. (…) In their days of imperial glory, Rome, London, Paris, despite<br />
slow and awkward lines of communication, really ruled their empires. Today communication<br />
is instantaneous. But despite the immediacy of contact, Washington,<br />
far from ruling an empire in the old sense, has become the virtual prisoner of its<br />
client states.« 70 Hinter dieser Ablehnung der Anwendung des Begriffs Empire auf<br />
die USA steht übrigens häufig eine grundsätzliche These bzw. Überzeugung über<br />
liberale Wirtschaftspolitik: Die Expansion der Marktökonomie und einer marktfokussierten<br />
Wirtschaftspolitik untergrüben zentralstaatliche Kollektivregelungen<br />
und schwächten diktatoriale und imperiale Politikverfassungen zugunsten der individuellen<br />
Freiheit des Marktbürgers. Markt und starker Staat oder gar ein Empire<br />
seien strukturell unverträglich.<br />
Die zweite radikal- oder zuweilen auch linksliberale Gruppe – im Spektrum des<br />
Liberalismus sicherlich eine »kleine radikale Minderheit« – knüpft an die eben<br />
skizzierte Tradition der Reduzierung des Empire-Begriffs auf die Dimension der<br />
formellen Kontrolle und direkten (militärischen) Herrschaftsausübung an und<br />
macht sie sich häufig zu eigen. Sie sieht in den <strong>neue</strong>n Kriegen, der Aufwertung<br />
des Militärischen, der Okkupation Afghanistans und des Irak und dem Imperium<br />
der Militärbasen ein military empire, das als ein American Empire funktioniert. 71<br />
Für viele Vertreter dieser Richtung steht (wie für einen Großteil der öffentlichen<br />
Weltmeinung) die Politik der USA nach 9/11 dafür, dass sich eine US-Hegemonie,<br />
ein US-Empire oder gar ein US-Imperialismus just erst herausbilde und insofern<br />
eine grundsätzlich <strong>neue</strong> Situation entstanden sei. Es gibt einen Übergang zu einem<br />
formellen – militärischen – Empire. Diese Meinung spiegelt auf ihre Weise wieder,<br />
was für nicht wenige in der amerikanischen Administration das Charakteristikum<br />
der Situation ist: 9/11 sei ein tiefer Bruch in der Geschichte der USA. Mit<br />
dem Hervortreten des Militärischen, das als das entscheidende Charakteristikum<br />
eines »Imperialismus« gelten müsse, sei es auch zu einem Revival eines US-amerikanischen<br />
Imperialismus gekommen. Hier begründen letztlich Veränderungen in<br />
der Außenpolitik (oder der Formen der Regierung) die Rede vom Empire. Für die<br />
meisten Vertreter dieser Richtung ist das neuimperiale Projekt ein Projekt des<br />
Neokonservatismus und gehört nicht in das Begriffs- und Politikfeld des Liberalismus.<br />
Enttäuschung, Ablehnung, Zorn und scharfe Kritik zeichnen diese liberale<br />
Position aus, für die ein Beitrag von Robert Gilpin von der Princeton University<br />
stehen kann, der als einer der führenden Theoretiker der internationalen Beziehungen<br />
in den USA gilt. Er schrieb 2005: »President George W. Bush’s costly and<br />
reckless war against Iraq has resulted in the greatest threat to the security and wellbeing<br />
of the United States since the US Civil War. The war against Iraq has signi-<br />
70 Arthur Schlesinger, Jr.: The American Empire? Not So Fast. In: World Policy Journal 1/2005, S. 45.<br />
71 So am prominentesten Chalmers Johnson: The Sorrows of Empire: Militarism, Secrecy, and the End of the Republic.<br />
New York 2004.<br />
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