Schöne neue Demokratie - Rosa-Luxemburg-Stiftung
Schöne neue Demokratie - Rosa-Luxemburg-Stiftung
Schöne neue Demokratie - Rosa-Luxemburg-Stiftung
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Macht einiger seiner Staaten setzen dem amerikanischen Einfluss und dem Umfang<br />
der Kontrolle über den Gang der Dinge Grenzen. Dieser Megakontinent ist<br />
einfach zu groß, zu bevölkerungsreich, kulturell zu vielfältig und besteht aus zu<br />
vielen von jeher ehrgeizigen und politisch aktiven Staaten, um einer globalen<br />
Macht, und sei es der wirtschaftlich erfolgreichsten und politisch gewichtigsten,<br />
zu willfahren. Eine solche Sachlage verlangt geostrategisches Geschick, den vorsichtigen,<br />
sorgfältig ausgewählten und sehr besonnenen Einsatz amerikanischer<br />
Ressourcen auf dem riesigen eurasischen Schachbrett.« 16 Hier sieht Brzezinski<br />
»fünf geostrategische Hauptakteure«: »Frankreich, Deutschland, Russland, China<br />
und Indien« 17 , während er Großbritannien und Japan für Mächte hält, die sich aus<br />
dem politischen Geschehen heraushalten. Großbritannien sei »ein aus dem aktiven<br />
Dienst ausgeschiedener geostrategischer Akteur, der sich auf seinem prächtigen<br />
Lorbeer ausruht und sich aus dem großen europäischen Abenteuer weitgehend<br />
heraushält, bei dem Frankreich und Deutschland die Fäden ziehen«. 18 Vor diesem<br />
Hintergrund sei es die zentrale Aufgabe der USA, nicht nur zu verhindern, dass<br />
eine eurasische Macht den Kontinent unter ihre Herrschaft bringen könne, sondern<br />
auch zu verhindern, dass die geostrategischen Hauptakteure sich zusammenschließen<br />
– gegen die USA. Bediene man sich »einer Terminologie, die an das<br />
brutalere Zeitalter der alten Welteiche gemahnt, so lauten die drei großen Imperative<br />
imperialer Geostrategie: Absprachen zwischen den Vasallen zu verhindern<br />
und ihre Abhängigkeit infragen der Sicherheit zu bewahren, die tributpflichtigen<br />
Staaten fügsam zu halten und dafür zu sorgen, dass die ›Barbarenvölker‹ sich<br />
nicht zusammenschließen« 19 . Bush II hatte es mit seiner Politik des Irak-Krieges<br />
geschafft, dass alle fünf der genannten Staaten ihm politisch gegenüberstanden.<br />
Auch wenn dies kein dauerhaftes Bündnis war und ist, bleibt doch allein diese Tatsache<br />
bereits von historischer Relevanz.<br />
Die internationale Debatte zur Zeit der Eröffnung der Kriegshandlungen der<br />
USA gegen den Irak sah omnipotente Vereinigte Staaten, die sich scheinbar problemlos<br />
über die UNO und ihre Beschlüsse hinwegsetzen konnten. Der französische<br />
Historiker und Sozialwissenschaftler Emmanuel Todd dagegen betonte schon<br />
vor Kriegsbeginn in seinem auch international vieldiskutierten Buch über die<br />
USA: Der Krieg gegen den Irak und die anderen angekündigten Kriege sind nicht<br />
Zeichen von Stärke, sondern von Schwäche. Die USA werden zunehmend ein<br />
Problem für die Welt. 20 »Zwischen drei medienwirksamen Umarmungen und der<br />
Unterzeichnung von zwei Abrüstungsvereinbarungen haben sie Russland herausgefordert<br />
durch Sendungen in tschetschenischer Sprache auf Radio Free Europe,<br />
16 Zbigniew Brzezinski, a. a. O., S. 58 f.<br />
17 Ebenda, S. 67.<br />
18 Ebenda, S. 70 f.<br />
19 Ebenda, S. 65 f.<br />
20 Emmanuel Todd: Weltmacht USA. Ein Nachruf. München/Zürich 2003 (franz. Après l’empire. Essai sur la décomposition<br />
du sytème américain, 2002).<br />
118