Schöne neue Demokratie - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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auf Mallorca, Joschka Fischer zum Privatbesuch in der Villa des Vorstandsvorsitzenden<br />
von Allianz an der französischen Mittelmeerküste, Gerhard Schröder mit<br />
Ehefrau zum Abendessen beim befreundeten Vorstandsvorsitzenden eines der<br />
großen Energieunternehmen).<br />
Viele solche Einzelheiten geben Hinweise darauf, dass das politische Personal<br />
sich tatsächlich von der Bevölkerung, die es vertreten soll, isoliert hat und sich an<br />
den Relevanzkriterien und sozialen Praktiken einer herrschenden Lebensform<br />
ausrichtet. Mit ihr sind sie so eng verwoben, dass sich das kaum als intentionale<br />
Form von Korruption bezeichnen lässt.<br />
Die Wiederbelebung des Elitebegriffs entspricht diesem Sachverhalt. Er fördert<br />
das Selbstverständnis bei denen, die Machtpositionen innehaben, dass sie die Leistungsträger<br />
der Gesellschaft sind und das Recht und die Fähigkeit besitzen, alle<br />
anderen lenken und führen zu dürfen, die träge, faul und passiv sind, die gefordert<br />
werden müssen; und sie dürfen alle anderen als passiv und faul betrachten, weil<br />
sie selbst Teil der Elite sind, die die anderen beurteilen dürfen, weil sie sie führen.<br />
Es handelt sich um einen antidemokratischen Zirkelschluss, weil er mit der usurpatorischen<br />
Unterstellung, es müsse Führung geben, gerade die zu den Führern<br />
der anderen erhebt, die die Machtpositionen einnehmen und die Gesellschaft derart<br />
strukturieren, dass es das Verhältnis von Führenden und Geführten weiter gibt.<br />
Es besteht also in demokratischen Gesellschaften ein spezifisches Verhältnis zwischen<br />
oben und unten, eine Bevölkerung, die gegenüber dem politischen und wirtschaftlichen<br />
Führungspersonal enorm kritisch distanziert ist. Das Führungspersonal<br />
seinerseits weist sich durch eine Verachtung für die Menschen in sozialen<br />
Unten aus, isoliert sich durch Einkommen, Konsumgewohnheiten, Alltagspraktiken,<br />
soziale Beziehungen, Bildung und ermächtigt sich mit einem elitären Selbstverständnis<br />
dazu, die anderen zu führen.<br />
Schon früh wurde von Theo Pirker auf den Verfall des Parlamentarismus hingewiesen.<br />
7 Das Grundgesetz hatte die Parteien zu Gliedern der Verfassung und des<br />
Staates gemacht – sie »wirken an der politischen Willensbildung des Volkes mit«<br />
–, sich aber nicht um die innerparteiliche <strong>Demokratie</strong> gekümmert. Die grundrechtliche<br />
Bestimmung führt im politischen Prozess zu einer Dominanz der Partei-<br />
und Fraktionsspitzen über die Willensbildung in der Fraktion und in der Partei.<br />
Die Fraktion selbst dient dazu, der Regierung und dem Kanzler, der die Regierung<br />
bildet und Richtlinienkompetenz hat, die Mehrheit für seine Regierungspolitik zu<br />
sichern.<br />
Der Kanzler bildet im gegebenen Fall eine Koalition und – mit dem Instrument<br />
der Ministerienverteilung und -mehrung – Kanzler-Ministerparteien; er oder sie<br />
legt die Geschäftsordnung fest, die Vertraulichkeit des Kabinetts gegenüber der<br />
Fraktion sichert; er oder sie setzt die Minister ein, sie sind ihm gegenüber verantwortlich;<br />
er oder sie hat das Recht, in Angelegenheiten der Ressorts einzugreifen;<br />
7 Theo Pirker: Die verordnete <strong>Demokratie</strong>. Grundlagen und Erscheinungen der »Restauration«. Berlin 1977<br />
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