Schöne neue Demokratie - Rosa-Luxemburg-Stiftung
Schöne neue Demokratie - Rosa-Luxemburg-Stiftung
Schöne neue Demokratie - Rosa-Luxemburg-Stiftung
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
lich ökonomische Konkurrenz in militärische Auseinandersetzungen transformiert,<br />
wie dies neben vielen anderen etwa Alex Callinicos behauptet? 9 Ist es also richtig,<br />
dass wir seit Nineeleven wieder in den Zustand der Rivalität zwischen imperialistischen<br />
Staaten zurückgefallen sind und diese Konkurrenz das er<strong>neue</strong>rte Signum<br />
der Jetztzeit ist? Tritt gegenwärtig an die Stelle der (neo-) liberalen Globalisierung<br />
der Rückfall in die politische Grammatik der imperialistischen Machtpolitik, löst<br />
der Imperialismus die neoliberale Globalisierung ab? 10 Haben wir es also mit<br />
einem »new imperialism« zu tun – und was ist dabei das »Neue«? Die Wiederaufnahme<br />
des klassischen imperialistischen Musters der Kolonisierung und Okkupation?<br />
Sein endgültig globaler Ausgriff nach dem Zusammenbruch des Staatssozialismus?<br />
Ist dies einfach informeller »imperialism without colonies«, wie dies<br />
Harry Magdoff 1969 formuliert hat, also ein Regime, das mit Satellitenstaaten<br />
oder Protektoraten statt mit Kolonien operiert? Eine Mischform aus Okkupation<br />
und informeller Penetration? Oder ist dies (ganz anders) ein räuberisches Regime<br />
der accumulation by dispossession, wie David Harvey es skizziert hat? 11 Wer sind<br />
die Subjekte eines »<strong>neue</strong>n Imperialismus«? Oder macht es Sinn, das Neue am Imperialismus<br />
in einer spezifischen – eben vor allem: globalen! – Form des Imperialen<br />
zu denken? Macht es Sinn, den Gegenwartskapitalismus als Ordnung mit<br />
vielen kapitalistischen und einigen imperialistischen Akteuren zu denken, die in<br />
unterschiedlicher Weise und mit unterschiedlichem Erfolg auf Imperialität – also<br />
letztlich bevorteilende Neuordnung der Welt aus sind? Geht es deshalb nicht nur<br />
um einen »<strong>neue</strong>n Imperialismus«, sondern auch um eine <strong>neue</strong> Imperialität? Oder<br />
ist die Unterscheidung zwischen »Imperialismus« und »Empire« womöglich sinnlose<br />
Haarspalterei? Und schließlich: Sollte man vielleicht auf die traditionsreichen<br />
Begriffe des Imperialismus oder des Imperialen verzichten, weil es womöglich sogar<br />
um einen »<strong>neue</strong>n Kapitalismus« geht, den imperialistisch zu nennen wenig<br />
Sinn macht? 12<br />
Und schließlich: Wie ist die Rolle der USA zu bewerten? Gibt es ein American<br />
Empire? Oder ist es nur das Pentagon, das sich zum Zweck der Machtprojektion<br />
ein Empire aus Militärbasen hält? Gibt es vielleicht einen besonderen American<br />
way of imperialism, das »empire lite« eines humanitären »temporary imperialism«<br />
(Michael Ignatieff), das »informal empire« (Leo Panitch oder Peter Gowan oder<br />
Joachim Hirsch) oder das »benign empire« und das »empire of liberty«, von denen<br />
die Neokonservativen uns erzählen? Oder sollten wir die neuimperiale Wende<br />
der USA als die Bildung eines neoliberalen Empire begreifen, das auf sehr widersprüchliche<br />
Weise traditionell neoliberale und imperiale Praxen miteinander verbindet<br />
– also den starken nationalen Sicherheitsstaat und »small government«, den<br />
9 Alex Callinicos: Imperialism and Global Political Economy. In: International Socialism 108 (2005).<br />
10 So etwa Philip S. Golub: Die Macht ist mächtiger als der Profit. In: Le Monde Diplomatique 8/2005, S. 10 f.<br />
11 David Harvey: The New Imperialism. Oxford 2003.<br />
12 So Jonathan Nitzan; Simshon Bichler: New Imperialism or New Capitalism? Montreal/Jerusalem 2004<br />
(www.bnarchives.net).<br />
144