Schöne neue Demokratie - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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Kampf um kulturelle Hegemonie auf (dessen inhaltliche Grenzen unten noch herausgestellt<br />
werden). Im deutlichen Unterschied zum schwarz-gelben Kampagne<br />
setzte dieses Programm als Ziele, die »erwachsene« Mehrheitsbevölkerung aufzuklären<br />
und zu mobilisieren, Opfer rechter Gewalt zu unterstützen sowie nichtrechte<br />
und linke Jugendkulturen zu stärken.<br />
Die Dominante lag auf dem Versuch, die Kräfteverhältnisse im so genannten<br />
vorpolitischen Raum (dort gefasst als Zivil-, im Sinne der Bürgergesellschaft) zugunsten<br />
demokratischer Prinzipien zu verschieben. Wesentliche Vermittlungsinstanzen<br />
waren vom Staat finanzierte, aber weitgehend unabhängige Strukturprojekte<br />
wie Mobile Beratungsteams, Opferberatungsstellen und Netzwerkstellen. Zudem<br />
wurden auch vielfältige Maßnahmen außerschulischer politischer Bildung gefördert.<br />
Untergeordnet, wenn auch präsent, waren in dieser Phase repressive Maßnahmen<br />
wie das (gescheiterte) erste Verbotsverfahren gegen die NPD sowie einige<br />
andere Organisationen. Zwar führte die wesentlich von rot-grün organisierte Transformation<br />
vom fordistischen Wohlfahrts- zum neoliberalen Wettbewerbsstaat nach<br />
weitgehender Übereinstimmung der Rechtsextremismus-Forschung diesem in der<br />
Tiefenströmung <strong>neue</strong> Potenziale zu. Dennoch wäre es vor dem Hintergrund der<br />
skizzierten programmatisch eröffneten Spielräume unverständlich, wenn sich in<br />
der Bildungsarbeit keine widerständigen Potenziale entfaltet hätten. Dieser Bewertungsfrage<br />
möchte ich mich nun etwas detaillierter zuwenden, wobei ich mich<br />
auf umfängliche Studien der einschlägigen erziehungs und gesellschaftstheoretischen<br />
Debatten, eigene Erfahrung im Rahmen meiner Tätigkeit bei der Mobilen<br />
Beratung gegen Rechtsextremismus in Berlin sowie die Kenntnis gängiger Bildungsmaßnahmen<br />
und Konzepte beziehe.<br />
Interkulturelle Bildungsarbeit<br />
In den Sphären von Erziehungswissenschaften, Bildungslandschaft und Politik ist<br />
eine Formation relativ einflussreich, deren antirassistischer Ansatz darin besteht,<br />
Toleranz und Respekt zwischen Angehörigen »verschiedener Kulturen« zu fördern.<br />
Ein Theorem, das diese Strategie begründet, lautet, dass es in der Begegnung<br />
zwischen »Einheimischen« und »Fremden« aufgrund kultureller Prägungen zu<br />
»Fremdheitserfahrungen« und Irritationen käme; um zu verhindern, dass hieraus<br />
»Fremdenfeindlichkeit« entstehe, sollen diese Fremdheitserfahrungen thematisiert<br />
werden, damit dann optimaler Weise kulturelle Vielfalt als Bereicherung erlebt<br />
werde. An dieser Konzeptualisierung von »Rassismus« wird kritisiert, dass<br />
sie die politische und soziale Diskriminierung von Menschen ohne deutschen Pass<br />
bzw. ›mit Migrationshintergrund‹ ausblendet, kulturelle Differenz auf die Binarität<br />
Nicht-Deutsch vs. Deutsch begrenzt, damit deren Verschränkungen u. a. mit<br />
Geschlechterverhältnissen und sozialer Lage ausblendet, und letztlich nicht nach<br />
den gesellschaftlich-sozialen Prozessen fragt, durch die hierarchisierende Differenz(en)<br />
hergestellt und subjektiv funktional werden. Teilweise wird jene eindimensionale<br />
kulturelle Differenz auch derart statisch und nach innen homogen ge-<br />
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