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Schöne neue Demokratie - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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und konformistisch, am Ende undemokratisch. Es unterstellt, dass Mehrheiten –<br />

mithin die Mehrheitsregel – jeweils demokratisch seien. Die Normalverteilung<br />

kann sich eben deutlich nach »rechts« hin verschieben, entsprechend verändern<br />

sich die Ränder der Verteilungskurve. Auch die großen Volksparteien oder das<br />

Parlament müssen nicht, nur weil sie breit akzeptiert sind, demokratisch sein.<br />

Hinzu kommt, dass demokratische Institutionen allein, weil sie bestehen und<br />

Macht haben, auf viele autoritäre Personen, die machtkonformistisch und unterwerfungsbereit<br />

sind, anziehend wirken können. Solche Personen würden als Demokraten<br />

gelten, weil sie in demokratischen Institutionen aktiv sind. Ihr reales<br />

Verhalten ist aber durchaus geeignet, <strong>Demokratie</strong> selbst ständig zu gefährden. Sie<br />

sind willfährig gegenüber noch mächtigeren Interessen, und sie werden sich gegen<br />

diejenigen stellen, die sie für schwach halten.<br />

Wie demokratisch Abgeordnete auch aus dem Spektrum der demokratischen<br />

Parteien sind, ist im Einzelnen schwierig herauszufinden. Immer wieder fallen<br />

Einzelne auf durch Korruption, durch rassistische Äußerungen, durch enge Verhältnisse<br />

mit rechtsradikalen Organisationen, die Nähe zur organisierten Kriminalität,<br />

durch besondere Nähe zu Unternehmen oder Wirtschaftsverbänden. Wenig<br />

demokratisch ist aber auch, wenn sie die Medien oder einzelne Sendungen wie Sabine<br />

Christiansens Talkshow hinsichtlich des Willensbildungsprozesses für wichtiger<br />

halten als den Bundestag. Es handelt sich dabei wohl nicht um den Respekt<br />

vor den Medien in ihrer Funktion als öffentliche Kontrollorgane. Da sie mit einer<br />

Vielzahl von Pseudodiskussionen, Aufgeregtheiten und stereotypen Wiederholungen<br />

der immer gleichen Themen (Staatshaushalt, Steuern, Gesundheitsreform, Arbeitslosigkeit)<br />

im Prinzip wie gleichgeschaltet wirken, haben Politiker von ihnen<br />

wenig zu befürchten. Dies verstärkt die elitäre und populistische Haltung vieler<br />

Politiker, die sich für Repräsentanten und Demokraten einfach deswegen halten,<br />

weil sie formal so definiert sind.<br />

<strong>Demokratie</strong> ist in gewisser Weise institutionalisierte Kontrolle von Herrschaftsentscheidungen<br />

und Entscheidungsmaßstäben durch die davon Betroffenen. Das<br />

weisen Politiker gern zurück, erst recht Kapitaleigner und Manager, obwohl sie<br />

faktisch technologische, arbeitspolitische und unternehmerische Entscheidungen<br />

treffen, die die Allgemeinheit betreffen und sie selbst ständig argumentieren, sie<br />

würden sich um das Allgemeinwohl (»Arbeitsplätze«) sorgen.<br />

Fragen nach der demokratischen Einstellung der Repräsentanten sind in einer<br />

<strong>Demokratie</strong> immer berechtigt. Dies wird – soweit ich sehe – nicht systematisch<br />

gemacht, obwohl dies der Sache nach gerechtfertigt wäre. So hat Edmund Stoiber<br />

vor den Bundestagswahlen infrage gestellt, ob eine weitere öffentliche Unterstützung<br />

der ostdeutschen Länder zu Lasten der westlichen Landeshaushalte Sinn machen<br />

würde. Diese angesichts der Ungleichgewichte zwischen den Bundesländern<br />

nicht unberechtigte Frage, die noch hinsichtlich der Frage der Fehlinvestitionen,<br />

Mitnahmeeffekte und Korruption, vertieft werden müsste, hat er mit der Insinuation<br />

verbunden, derzufolge es nicht angehen könne, dass Ostdeutsche mit ihrer<br />

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