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Schöne neue Demokratie - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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maßen aus Völkern von überall auf der Welt zu bestehen; diese Definition von<br />

Amerika ist voreilig. Die Definition von Amerika die am besten zur gegenwärtigen<br />

Epoche passt … ist eine, welche als Teil der <strong>neue</strong>n und vergößerten amerikanischen<br />

Identität Europa einschließt, jenen Kontinent, der am weitesten den<br />

amerikanischen Weg gegangen ist.« 41 Was Kurth hier richtig fasst, ist die Schlüsselrolle<br />

der USA im Prozess der Globalisierung 42 und die argumentative Linie ist<br />

die Radikalisierung der Empire-Idee (in deren Spannungsfeld »Förderation« und<br />

schließlich sogar Integration in einem globalen American Empire liegen). Dies<br />

knüpft an der klassischen Idee eines Übergangsregimes zu einem Territorialimperium<br />

an, die Carl Schmitt 1950 in »Nomos der Erde« skizzierte und ist aber doch<br />

von ihr radikal verschieden. Schmitt beschrieb diese »eigenartige Mischung aus<br />

offizieller Abwesenheit und effektiver Anwesenheit« so: »Der territoriale Boden-<br />

Status des gelenkten Staates wird nicht in der Weise verändert, dass sein Land in<br />

Staatsgebiet des lenkenden Staates verwandelt wird. Wohl aber wird das Staatsgebiet<br />

in den spatialen Bereich des kontrollierenden Staates und dessen special<br />

interests, d. h. in seine Raumhoheit, einbezogen. Der äußere, entleerte Raum der<br />

territorialen Souveränität bleibt unangetastet, der sachliche Inhalt dieser Souveränität<br />

wird durch Sicherungen des ökonomischen Großraums der kontrollierenden<br />

Macht verändert. Die politische Kontrolle oder Herrschaft beruht hier auf Interventionen,<br />

während der territoriale Status quo garantiert bleibt. Der kontrollierende<br />

Staat hat das Recht, zum Schutz der Unabhängigkeit oder des Privateigentums,<br />

zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit, zur Wahrung der<br />

Legitimität oder Legalität einer Regierung oder aus anderen Gründen, über die er<br />

selbst nach Ermessen entscheidet, in die Verhältnisse des kontrollierten Staates<br />

einzugreifen.« 43 Ein amerikanisches Empire, wie es sich Kurth hier vorstellt, hat<br />

allerdings wenig zu tun mit einer handfesten, raum-hoheitlichen Eingemeindungsvorstellung,<br />

sondern geht von einer weitgehend autonomen Selbstassimilation<br />

vormals verschiedener Ordnungen aus und setzt somit auch den Gedanken der<br />

nicht-territorialen, informellen Imperialität fort, welche seit Anfang des letzten<br />

Jahrhunderts das US-amerikanische Projekt der Imperialität auszeichnete. 44 Deutlich<br />

wird dies an einer Skizze der klassischen Protektorats- und Kolonialisierungsidee,<br />

die ebenfalls Kurth 2003 vortrug: »Essential to every empire is an imperial<br />

class – the civil officials, military officers and business managers who go<br />

forth from the empire’s metropole to its dominions and colonies to carry out its<br />

41 The National Interest 65 (2001).<br />

42 Vgl. Leo Panitch: Neuer Imperialismus – <strong>neue</strong> Imperialismustheorie. In: Z 52 (2002), S. 80 f., wonach die Bewältigung<br />

des zweiten großen Globalisierungsschubs im letzten Quartal des 20. Jahrhunderts die Existenz eines<br />

Staates verlangte, der in der Lage war, die anderen Staaten anzuleiten, anzuführen, zu organisieren und sie zu beeinflussen<br />

und es daher in dieser Zeit zu einem Wiederaufbau der imperialen Kapazitäten der USA gekommen<br />

sei; im Zentrum ihrer Aktivitäten steht die Herstellung, Sicherung und Ausweitung freier Kapitalmärkte.<br />

43 Zitiert nach FAZ v. 19. 11. 2002.<br />

44 S. Simon Dalby: Political Space: Autonomy, Liberalism, and Empire. In: Alternatives 30 (2005), S. 415-441; Neil<br />

Smith: The Endgame of Globalization. New York/London 2005.<br />

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