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Schöne neue Demokratie - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Formen ist in dieser Sicht nicht notwendig: Wo der Liberalismus sich global<br />

durchgesetzt hat, muss er nicht revolutionär realisiert, sondern bewahrt werden.<br />

Tatsächlich aber ist das Verständnis der USA als Akteur der Transformation, der<br />

seine politischen Ideale und Normen in der Welt verbreitet, dem Liberalismus keineswegs<br />

fremd: es liegt der gesamten Geschichte der amerikanischen Außenpolitik<br />

zugrunde. Nur die Methodik oder das Verfahren, vermittels derer die exemplarischen<br />

Tugenden in die Welt gebracht werden sollen, waren innerhalb des liberalen<br />

Lagers umkämpft: Während die einen aktives (womöglich auch militärisches)<br />

Handeln für notwendig hielten, waren die anderen überzeugt, dass die Kraft des<br />

attraktiven Beispiels dasselbe Resultat hervorbringe. Waren den einen die USA<br />

ein vorbildliches Beispiel (»city on the hill«), plädierten die anderen für einen –<br />

zuweilen buchstäblich – missionarischen Kreuzzugsansatz. 111 Der Liberalismus –<br />

erst recht in seiner liberalimperialistischen oder –imperialen Ausprägung – bildet<br />

keine Scheidelinie zwischen diesen konkurrierenden Optionen – diese entfalteten<br />

sich vielmehr in ihm selbst. Das Vordringen eines interventionistischen Kreuzzugsansatzes<br />

nach Nineeleven ist daher durchaus auch im Feld der traditionell liberalen<br />

Diskurse zu vermerken.<br />

Spürbar ist dies vor allem an der vierten deutlich ausgeprägten liberalen<br />

Gruppe, die für die Akzeptanz des Gedankens eines »American Empire« steht. Sie<br />

repräsentiert etwa die von dem Autor Michael Ignatieff (Carr Center for Human<br />

Rights an der Harvard University) später als »zurückhaltend« bezeichnete Ausarbeitung,<br />

die Anfang 2003 in der New York Times versuchte, jenseits historischer<br />

Vergleiche den ambivalenten Gehalt des Begriffs für eine »humanitäre« und »demokratische«<br />

liberalimperialistische Interpretation näher zu bestimmen. Als »realistischer<br />

Liberaler« betonte Ignatieff: Ein Empire »lite« ist nicht mehr zu haben<br />

112 : »Yet what word but ›empire‹ describes the awesome thing that America is<br />

becoming? It is the only nation that polices the world through five global military<br />

commands; maintains more than a million men and women at arms on four continents;<br />

deploys carrier battle groups on watch in every ocean; guarantees the sur-<br />

111 Diese Unterscheidung ist gut pointiert in dem Papier von Jonathan Monten: Nationalism and Neoconservative<br />

Perspectives of Democracy Abroad, APSA 2004.<br />

112 Michael Ignatieff: The Burden. In: NYT-Magazine v.5.1.2003. Auch vom Blick der humanitären Intervention<br />

her vergleichbar etwa Samantha Power oder William Shawcross und vor allem David Rieff: A new age of Liberal<br />

Imperialism. In: World Policy Journal 2/1999 (»I wrote that if we had to choose between barbarism and<br />

imperialism, we must always choose imperialism. Again, I’m no longer so sure about that.« Ders., Democracy<br />

by Force, CFR v. 14. 3. 2005). Zur Kritik siehe Matthew Rothschild: Empire’s Apologists. In: The Progressive<br />

3/2003. Ignatieff hat bereits mit »How to Keep Afghanistan from Falling Apart: The Case for a Committed American<br />

Imperialism« im NYT-Magazine v. 26. 7. 2002 diese Argumentation angedeutet. »America’s entire war on<br />

terror is an exercise in imperialism. This may come as a shock to Americans, who don’t like to think of their<br />

country as an empire. But what else can you call America’s legions of soliders, spooks and special forces straddling<br />

the globe?« Dazu gehört für Ignatieff auch, bei aller noblen Reserve, die Folter: »torture might be admissible<br />

in cases of necessity«, Michael Ignatieff: The Lesser Evil: Political Ethics in an Age of Terror. Princeton<br />

2004, S. 141 und: »To defeat evil, we may have to traffic in evils: indefinite detention of suspects, coercive<br />

interrogations, targeted assassinations, even preemptive war. These are evils because each strays from national<br />

and international law…The question is not whether we should be trafficking in lesser evils but whether we can<br />

keep lesser evils under the control of free institutions«, ders. in: NYT Magazine v. 2. 5. 2004, S. 48.<br />

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