06.02.2015 Views

A trobriandi krikettől... - Magyar Elektronikus Könyvtár ...

A trobriandi krikettől... - Magyar Elektronikus Könyvtár ...

A trobriandi krikettől... - Magyar Elektronikus Könyvtár ...

SHOW MORE
SHOW LESS

You also want an ePaper? Increase the reach of your titles

YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.

Dialekt und verschiedenen Sitten und Bräuche kamen. Seewann (1992) stellt fest, dass infolge<br />

dessen die Schwaben keine homogene Einheit bilden und kein kollektives ethnisches<br />

Bewusstsein haben. Die vielfältige Heterogenität behinderte weiterhin auch ihre politische,<br />

kulturelle und sprachliche Vereinigung. Unter den verschiedene Dialekte sprechenden<br />

Schwaben wurde die ungarische die Vermittlungssprache. Dementsprechend konnte sich das<br />

Bewustsein einer gemeinsamen historischen Schicksalsgemeinschaft bis nach dem zweiten<br />

Weltkrieg nicht herausbilden. Wie ich in Dunabogdány gehört habe, standen die <strong>Magyar</strong>en<br />

ihnen immer näher, als andere Schwabengruppen in Ungarn.<br />

Zu einem gemeinsamen historischen Bewusstsein, zur Herausbildung der Gruppenidentität<br />

und zum Kontinuitätserlebnis ist es nötig, gemeinsame Mythen, Legenden, Erinnerungen über<br />

die Migration, Abstammungsort und Vaterland zu haben. Das gemeinsame<br />

Bedeutungsuniversum und die Narrativen über die Helden und lobenswerten historischen<br />

Ereignisse sind in der Konstruktion der Geschichte einer Gruppe unentbehrlich. Ohne<br />

Vergangenheit ist es nicht möglich die Nation oder die Nationalidentität zu schaffen. Die<br />

Schwaben verfügten über keine gemeinsame Vergangenheit aus dem alten Vaterland, hatten<br />

keine historischen Mythen, die im Interesse der Zusicherung der Kontinuität hätten wieder<br />

erlebt werden können, um sich damit zu identifizieren. Der Rückblick auf die Vergangenheit<br />

bietet einen sicheren Ausgangspunkt in der Ausbildung sowohl der persönlichen, als auch der<br />

Gruppenidentität. Die Leute und Gruppen, die keine gemeinsame Geschichte haben, können<br />

sich in der Zeit nicht einordnen und sich für andere Leute und Gruppen zu bestimmen.<br />

Die Schwaben erlebten die Gestaltung der Nation in Ungarn mit, in dem Lande, das sie als<br />

Vaterland wählten. Dieser Prozess bot für die Schwaben andere Selbstbestim-mungsrahmen,<br />

andere Näherungs- und Anschauungsmethoden an. Sie meinen in Dunabogdány, dass sie (mit<br />

Ausnahme der Aussiedlung) keine, von den <strong>Magyar</strong>en abweichende Geschichte haben. Alles,<br />

was mit ihrer Geschichte verbunden ist, alles, woran sie zurückdenken können, verbindet<br />

diese Minderheit mit Ungarn. Da sie aus der Urheimat keine eigene Geschichte mitbrachten,<br />

entstand eine Lücke im Kontinuitäts- und Identitätsbewusstsein dieser Gruppe. Um dies zu<br />

überbrücken, eigneten sie sich die ungarische Geschichte, die geschichtlichen Narrativen an.<br />

Der Mangel an der geschichtlichen Vergangenheit wurde mit der symbolischen Ausdehnung<br />

der ungarischen Geschichte ganz bis zum ersten ungarischen König, Sankt Stephan I. ersetzt.<br />

In dieser Konstruktion der mit den <strong>Magyar</strong>en gemeinsamen Geschichte hatte Gisella, die Frau<br />

von Sankt Stephan I. und die katholische Religion eine wichtige Rolle. Mit der Ehre des<br />

ersten Königs von Ungarn und der den ungarischen Staat symbolisierenden Krone, wurden sie<br />

Mitbeteiligte der ungarischen Staatlichkeit. Diese Ehre und die Beteiligungsabsicht am Leben<br />

der ungarischen Nation und Geschichte beweist das Heldendenkmal neben der katholischen<br />

Kirche. Am Postament und an den Seiten des Denkmals sind die Namen der Opfer sowohl der<br />

Revolution und des Freiheitskampfes von 1848/49 bzw. von 1956, als auch der zwei<br />

Weltkriege zu lesen. Oben auf dem Denkmal sitzt seit den zwanziger Jahren des 20.<br />

Jahrhunderts eine Steinkopie der heiligen ungarischen Königskrone. 1944, als sich die<br />

russischen Truppen Dunabogdány näherten, versteckten die Schwaben die Krone, die in<br />

diesen dunklen Zeiten verlorengegangen ist. Sie wurde erst in den fünfziger Jahren beim<br />

Abriss eines alten Hauses wieder gefunden und wieder an ihre originelle Stelle gesetzt.<br />

Was die Schwaben über ihre Geschichte in Ungarn Denken<br />

Im Rahmen einer speziellen Befragung habe ich die Dorfbewohner gebeten, verschiedene, mit<br />

der Geschichte zusammenhängende Wörter wie Sieg, Held, König, Krone, Niederlage mit<br />

dem Attribut: schwäbisch, oder ungarisch, oder deutsch zu versehen. Aus den Antworten und<br />

den beigefügten Erklärungen geht hervor, wie sehr sich die Schwaben in Dunabogdány mit<br />

498

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!