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A trobriandi krikettől... - Magyar Elektronikus Könyvtár ...

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Die <strong>Magyar</strong>en hätten auch ausgesiedelt werden sollen!” Aufgrund der eigenen Erfahrungen<br />

stellte diese Generation die ungarische Verantwortlichkeit an die erste Stelle (45%). Ganz<br />

unerwartet gaben aber die mittlere Generation und die Jüngsten die Verantwortung in erster<br />

Linie den Deutschen (52%). Die Prozentzahlen des Sieges bzw. der Niederlage und die<br />

Erklärungen beweisen im Großen und Ganzen, dass die Niederlage die Schwaben ebenso tief<br />

berührte, wie die <strong>Magyar</strong>en. Ihr Verhältnis zu den großen Tragödien der ungarischen Nation<br />

(Niederlage des Freiheitskampfes 1849, Trianon, usw.) differenziert sich von dem der<br />

<strong>Magyar</strong>en nicht; die nationale geschichtliche Typisierung ist ihnen nicht unbekannt.<br />

„Die Akzeptierung der Traditionen erfolgt in einem kritisch-rationalen Prozess” – sagt<br />

Csepeli. 499 Die Schwaben kritisierten die <strong>Magyar</strong>en wegen ihrer ständigen<br />

Auseinandersetzung, übernahmen und akzeptierten aber aufgrund einer rationalen<br />

Argumentation die ungarischen historischen Traditionen. Diese kritisierten, aber miterlebten<br />

Traditionen sind die wichtigste Basis für die Bekräftigung des historischen Bewusstseins und<br />

für die Herausbildung der ungarischen Nationalidentität. Neben dem gemeinsam erlebten<br />

Schicksal spielten aber in diesem Prozess auch die sprachliche und nationale Sozialisation in<br />

der Schule, und auch das Lernmaterial eine wichtige Rolle. Dementsprechend kennen die<br />

Befragten sehr viele deutsche Persönlichkeiten aus der Geschichte. Manchmal erwähnten sie<br />

sowohl Österreicher als auch Schweizer. Am meisten wurde die Frau unseres ersten Königs<br />

erwähnt. Franz Joseph, Maria Theresia, Hitler, Haynau, Friedrich, der preußische, Ludwig,<br />

der bayerische König, Karl der Große, Bismarck und Wilhelm Tell folgten ihr. Leider wussten<br />

wenige Befragte etwas über die germanische Abstammung der Deutschen, kannten ihr<br />

Herkunftsland oder konnten germanische Sagas und Heldenlieder erwähnen. Diejenigen, die<br />

für die deutsche Geschichte kein besonderes Interesse hegten oder nicht in einer<br />

deutschsprachigen Mittelschule lernten, wussten sie nicht mehr, manchmal sogar weniger als<br />

der Durchschnitt.<br />

Demgegenüber kannte jeder Befragte ungarische Herkunftsmythen, wusste, woher die<br />

<strong>Magyar</strong>en stammen. Als in der Schule gelernt, hatten sie ausführliche geschichtliche<br />

Kenntnisse in der Landnahme, der sieben Stämme oder der Staatsgründung. Die<br />

Ungarndeutschen kennen also besser und ausführlicher die ungarische Urgeschichte als die<br />

germanische Mythologie. Sogar die Mitglieder der ersten Generation wissen mehr über Sankt<br />

Stephan als über Kaiser Wilhelm, mehr über Kossuth als über Bismarck oder die Revolution<br />

von 1848 als das Zustandebringen des einheitlichen deutschen Staates.<br />

Ein anderer Faktor, der zu der Herausbildung der doppelten Identität im großen Masse<br />

beitrug, war die katholische Religion. Es ist nicht erstaunlich, wenn wir in Betracht nehmen,<br />

dass der christliche Glaube in der kulturellen Zusammengehörigkeit unter den Völkern<br />

Europas ein integrierender Faktor war. Die gemeinsame Religion kann zu einem ethnischen<br />

Ausgleich führen und die kulturelle Integration fördern, während der konfessionelle<br />

Unterschied in die Richtung der kulturellen Differenzierung wirkt. Der Katholizismus spielte<br />

also im Falle der Ungarndeutschen eine integrierende Rolle. Barna stellt fest, dass die<br />

Religion das Gefühl der Zugehörigkeit zu der Nation anstrengt. Im Falle der Ungarndeutschen<br />

steht auch fest, dass „die Religion zur Ausdrucksform des Gruppenbewusstsein wurde und die<br />

differenzierende Rolle der Sprache, der Nationalität und im Zusammenhang damit der Kultur<br />

499 György Csepeli: Csoporttudat – nemzettudat. (Bewusstsein der Gruppe, Bewusstsein der Nation)<br />

Budapest, 1987. S. 250<br />

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