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A trobriandi krikettől... - Magyar Elektronikus Könyvtár ...

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Ungarndeutschen, Ortsgeschichte, und schwäbische Traditionen unterrichtet wurden. Damit<br />

ist die Erweckung der deutschen Identität gemeint. Früher war die Schule zweisprachig; das<br />

bedeutet, dass Geschichte, Geographie und Singen neben Ungarisch auch Deutsch gelernt<br />

werden musste. Es gab aber keine zweisprachigen Lehrer, und das Vorwärtskommen in den<br />

zwei Sprachen konnte nicht in Einklang gebracht werden. Noch dazu mussten die Kinder<br />

diese Gegenständer zweimal erlernen, und die Eltern halten es für zu viel. Obwohl die Kinder<br />

wirklich sehr viel über Véménd und die Traditionen in der Schule lernen, können sie damit im<br />

Alltagsleben nichts anfangen, und wollen lieber English und mehr über Computer lernen.<br />

Es gibt kein ungarndeutsches Dorf, wo nicht ein Chor, eine Blas-, oder Schrammelkapelle,<br />

oder eine Tanzgruppe gefunden wären. Manherz schreibt: „Von den Ungarndeutschen wird<br />

spaßhaft behauptet, dass sie schon singend, tanzend und musizierend zur Welt kommen. 466<br />

Tanz und Musik sind die Tradition, die am leichtesten weitergegeben werden können. Die<br />

Rolle dieser Traditionen hat sich aber verändert. Sie wuchsen in der Familie mit Reimen,<br />

Volksliedern, später in der Dorfgemeinschaft mit Polka, und Walzer hinauf. Es war eine Sitte,<br />

sonntags singend durch die Strassen zu ziehen und zu singen. Vor dem Krieg hielten die<br />

Schwaben mindestens fünfmal ein Ball (Fasching, Ostern, Pfingsten, Kirchweich, Elisabethund/oder<br />

Katherina-Tag) und sangen und tanzten jedes Wochenende in der Dorfkneipe, wo<br />

die eigene Musikkapelle spielte. Instrumentale Musik wurde auch zu Hause vom Vater oder<br />

Großvater gelernt. Die Kapellen musizierten auch in der Kirche, bei Beerdigung und an<br />

Hochzeiten. Heute wird die Musik in Musikschulen, die Tänze in Tanzgruppen, die Lieder in<br />

Chöre gelernt. Die ethnische Sozialisation erfolgt nicht mehr in der Familie, sondern in<br />

anderen gemeinschaftlichen und gesellschaftlichen Institutionen. Wie die Mundart aus dem<br />

Alltag herauszieht, und nur auf einem Wettbewerb gesprochen wird, zieht sich die Tanz und<br />

Musik aus dem Leben auf die Bühne. In allen deutschen Dörfern herrscht es ein sehr aktives<br />

Kulturleben mit Kapellen, Chören, Tanzgruppen, die sich für verschiedene Festivals,<br />

Veranstaltungen, und Qualifizierungswettbewerbe vorbereiten, sehr wenig aber im Privatleben<br />

eine Rolle spielen.<br />

In Véménd gibt es zwei deutsche Tanzgruppen, für die Schulkinder und für die Jugend. Diese<br />

Gruppen werden von einem Ungarn geleitet, die eine deutsche Frau hat. Es sind Kinder, die<br />

die Tanzproben sehr gern haben, es sind aber auch solchen, in erster Linie Buben, die nur für<br />

Großelternsliebe tanzen und lieber Fußball spielen würden. Die Kinder erlernen zuerst die<br />

Polka und die Walzer, dann kommen die koreographierten Tänze und Produktionen. Für die<br />

Bühne. Der Nachwuchs ist fraglich, obwohl auch aus der benachbarten Boschok Kinder<br />

kommen. Für die Mitglieder der älteren Tanzgruppe bedeuten die Proben auch ein<br />

gesellschaftliches Ereignis, eine Möglichkeit zu treffen, zu plaudern. Nach der Probe gibt es<br />

ein kleines Buffet. „Was kann man hier etwas anderes machen, es gibt keine Disko, nichts” –<br />

sagte ein Junge. Obwohl die Tätigkeit der Tanzgruppe fortlaufend ist, wechseln sich die<br />

Mitglieder sehr oft. Die Jungen heiraten, ziehen sie weg, oder kommen die Kinder, die Eltern<br />

können nicht mehr weg. Es gibt zwei Kapellen. Die Blaskapelle musiziert auch für die Bühne,<br />

die andere, die Vagabund aber arbeitet für Geld und spielt allerlei Musik auf Hochzeiten und<br />

Bällen, wo am wenigstens deutsche Musik gespielt wird. Der Chor besteht aus den leitenden<br />

Persönlichkeiten des Dorfes. Auf den Proben bereiten sie sich für die Auftritte, CD-<br />

Aufnahmen vor. In allen Gruppen befinden sich auch Ungarn, Kindern, Ehemänner oder<br />

Ehefrauen, die aber sehr gerne akzeptiert sind. Ganz Deutsch sind also diese<br />

traditionspflegerischen künstlerischen Gruppen bei weitem nicht mehr.<br />

466 Karl Manherz, Identität und Sprachgebrauch bei den Minderheiten, in: Imre Gráfik (Hrsg.):<br />

Kulturen der Nationalitäten an der Jahrtausendwende, Budapest 2001. 74<br />

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