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A trobriandi krikettől... - Magyar Elektronikus Könyvtár ...

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Die Schwaben nahmen an den Wanderungen und an der Suche der <strong>Magyar</strong>en nach einer<br />

Heimat nicht teil, so ist es nicht erstaunlich, dass die Frage der historischen Abstammung der<br />

<strong>Magyar</strong>en in ihrer Identitätskonstruktion keine Rolle spielt. Sie waren gemeinsam mit den<br />

<strong>Magyar</strong>en unterdrückt, nahmen am Freiheitskampf von 1848/49 teil, arbeiteten fleißig, um<br />

„das Goldene Zeitalter” am Ende des 19. Jahrhundert zu erreichen, litten wegen des Verfalls<br />

der Monarchie (Trianon) und der Niederlage im ersten und zweiten Weltkrieg. Diese<br />

Tatsachen trugen zu einem gemeinsamen Gedankengut mit den <strong>Magyar</strong>en und zur<br />

Herausbildung einer ungarischen Nationalidentität bei.<br />

Ich behaupte aber, dass neben dem historischen gemeinsamen Schicksal bei der<br />

Herausbildung der doppelten Identität auch wirtschaftliche Gründe eine Rolle hatten. Die<br />

Wemender Bauern, die ähnlich wie die ungarischen als Leibeigenen, von Jahr zu Jahr<br />

schwerere Laste ertragen mussten. Deshalb waren die Bauern geneigt, neben den<br />

deutschsprachigen Intellektuellen der Städte in der Revolution und Freiheitskampf 1848/49<br />

auch teilzunehmen. Dazu kam auch eine Nationalideologie, die aber in dieser Zeit in der<br />

Gedankenwelt der ungarndeutschen Bauern nicht einnistete. „’Die Österreicher müssen raus<br />

aus Ungarn’, hieß die Parole während der Revolution im März 1848. Zu dieser Zeit haben<br />

unsere Schwaben schon mit den Ungarn zusammen um die Freiheit gekämpft, und wenn sie<br />

das auch nicht aus purer Vaterlandsliebe getan haben sollten, so doch, um zusammen mit<br />

ihren ungarischen Leidgenossen das Joch der Leibeigenschaft abzuschütteln. ... Als nach dem<br />

Einmischen der Russen Ludwig Kossuth den allgemeinen Volksaufstand aufrief, eilten auch<br />

die unsrigen eifrig zu den Sammellagern. Noch in unseren Tagen sangen die Männer immer<br />

wieder das wehmutsvolle Lied: Kossuth Lajos azt üzente elfogyott a regimentje...” 497 Die<br />

Bogdaner sind sehr stolz darauf, dass das Dorf 200 Soldaten 498 in die Armee von Kossuth<br />

sandte. Den Namen der ehemaligen Heimatverteidiger kann man auf dem Heldendenkmal<br />

sehen.<br />

Alle drei Generationen lernten über die deutsche Geschichte vor und nach der Kolonisation<br />

und über die Geschichte der <strong>Magyar</strong>en in der ungarischen Schule. Und sie lernten mehr über<br />

Ungarn als über Deutschland. Dementsprechend wissen die Schwaben bereits in der ersten,<br />

ältesten Generation viel mehr über die Ereignisse, Persönlichkeiten der ungarischen<br />

Geschichte, als über die der deutschen Geschichte. Die Kenntnisse über Deutschland<br />

stammen aus der Schule und überschreiten die dort Gelernten nicht. Diejenigen, die mehrmals<br />

das Attribut „deutsch” erwähnten, sind bestrebt sich als Deutsche und nicht als Schwaben<br />

oder <strong>Magyar</strong>en zu determinieren. Diese Selbstbestimmung beruht aber auf einer affektiven<br />

Basis und hat keinen kognitiven Hintergrund.<br />

Es ist erwähnenswert, dass die Helden sowohl ungarisch als auch schwäbisch sind. Das<br />

bedeutet, dass die Schwaben ebenso wie die <strong>Magyar</strong>en, ihr Leben für die ungarische Heimat,<br />

die für die Schwaben mit dem ungarischen Staat identisch ist, opferten. Den Sieg teilen sich<br />

auch die Schwaben (56%), die Niederlage ist aber in erster Linie deutsch (43%) und<br />

ungarisch (41%). Aus den hinzugefügten mündlichen Bemerkungen stellte es sich heraus,<br />

dass der Meinung der Bogdaner Schwaben nach sowohl Deutschland als auch sein<br />

Verbündeter, Ungarn, im Zweiten Weltkrieg dieselbe negative Rolle spielten. „Wir haben<br />

nichts gemacht, was die <strong>Magyar</strong>en nicht auch getan haben” – sagte ein alter Mann aus der<br />

ersten Generation. „Die <strong>Magyar</strong>en sind auch verantwortlich dafür, was dann geschehen ist.<br />

497 Johann Petri: Die Geschichte von Véménd. Selbstausgabe. 1986. S. 93. Frei übersetzt heißt es in<br />

deutscher Sprache: Ludwig Kossuth hat aufgerufen, die Regimenter sind dahin. Wenn er nochmals<br />

rufen sollte, müssen wir alle ziehen.<br />

498 Ungarisch „honvéd”: Verteidiger der Heimat<br />

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