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<strong>Abschlussbericht</strong> der Tunesienexkursion<br />
13. Die ersten „freien“ Wahlen<br />
In Tunesien werden am 23. Oktober 2011 die ersten freien Wahlen in der Geschichte des<br />
Landes stattfinden. Dabei wird zunächst die verfassungsgebende Versammlung gewählt,<br />
welche die neue Verfassung erstellt und die nächste Wahl für einen Präsidenten und das<br />
Parlament organisiert (vgl. LE MONDE.FR 2011). Die neue Verfassung soll den Übergang<br />
zu Demokratie und Pluralismus sichern. Jegliche Oppositionsparteien sollen legal sein,<br />
damit diese ein Recht auf freie Meinungsäußerung besitzen und nicht mehr illegal im<br />
Untergrund agieren müssen. So haben sich in jüngster Zeit viele neue Parteien gebildet,<br />
welche ab dem 1. Oktober 2011, der Eröffnung des Wahlkampfes, ihre Botschaft und<br />
Werbung auf den Straßen und Plätzen Tunesiens verbreiten werden oder dies auch zur<br />
Zeit der Feldforschung schon taten. Um die Bürger auf ihr neues Recht zu wählen<br />
aufmerksam zu machen und sie von der Wichtigkeit dieser Wahl zu überzeugen, ist schon<br />
zwei Monate vor den Wahlen viel Werbung für die kommende Wahl auf Tunis Straßen zu<br />
entdecken.<br />
Die PDP umgeht den späten Start des Wahlkampfes mit einer geschickten Kampagne<br />
namens „Tunisiens volontaires“. Dabei gehen freiwillige Jugendliche von Tür zu Tür, um<br />
die Leute zum Wählen aufzufordern und gleichzeitig ein Parteiprogramm der PDP zu<br />
verteilen (vgl. Anhang A.10, I 6). Da es in Tunesien im Moment ca. 120 Parteien gibt, die<br />
zumeist mit Demokratie, Menschenrechten und wirtschaftlicher Innovation werben,<br />
müssen sich die Parteien einen Namen machen oder ihn, wie im Fall der PDP und<br />
Ennahda, zumindest verteidigen.<br />
So stellt sich die Frage, welche Parteien die Vormachtstellung im öffentlichen Raum<br />
haben, welche Interessen sie vertreten und welche neue politische Landschaft sich nach<br />
den Wahlen darbieten könnte.<br />
Unter den neuen Parteien befinden sich auch viele Vertreter des alten Regimes, die nun<br />
mit einem neuen Image ihren Machterhalt sichern wollen, so Mahouachi Alaeddine,<br />
Pressesprecher der Islamistischen Partei Ennahda (vgl. Anhang A.10, I 2). Seiner<br />
Einschätzung zufolge, seien derweil sogar ca. 45 Parteien in den Händen von alten RCD<br />
Mitgliedern. Er nennt <strong>als</strong> Beispiel die neu gegründete Partei „El Watan“, welche am 19.<br />
Februar 2011 vom ehemaligen Außenminister Mohamed Jegham gegründet wurde (ebd.).<br />
Fares Mabrouk, Gründer von Afkar Mostakella, sieht die zu schnelle Verurteilung von<br />
Menschen, die zu Zeiten des alten Regimes ein Amt innehatten, <strong>als</strong> problematisch an (vgl.<br />
Anhang A.10, I 1). Er war aber durch sein Unternehmertum und seiner wirtschaftlichen<br />
Freie Universität Berlin – Geographische Wissenschaften 102