Vollständiger Abschlussbericht als pdf-Download - Veränderungen ...
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<strong>Abschlussbericht</strong> der Tunesienexkursion<br />
waren. Dort war das 'Lumpenproletariat' sehr stark und ausdauernd, es war<br />
in gewissem Sinne gut organisiert. Sie haben die Polizei gezielt angegriffen,<br />
die daraufhin zwei Personen mitgenommen hat, was <strong>als</strong> Affront gesehen<br />
wurde. Dann ging es weiter: Oh, diese Dreckskerle! Lasst sie uns vernichten!<br />
Politisierte Intellektuelle haben erkannt, dass es gefährlich war und haben<br />
das gesagt. Sie haben auch gefühlt, dass die Leute, die das gemacht haben,<br />
die die Häuser von der Familie von Ben Alis Ehefrau angezündet haben,<br />
genauso revoltiert haben.<br />
Wie ist die<br />
derzeitige<br />
Situation der<br />
Polizei? Gibt es<br />
noch Einflüsse<br />
des alten<br />
Regimes?<br />
Wie gehen sie<br />
angesichts der<br />
Am 14. Januar haben wir, die Leiter der PDP, uns hier versammelt...<br />
(Unterbrechung durch Mitarbeiterin)<br />
Gut, was hat sich seitdem verändert? Am 14. Januar wurde der Präsident<br />
fortgejagt, er ist von seiner Macht abgetreten. Seine Partei hatte keine Macht<br />
mehr. Es gab keine Richtung mehr in der Politik. Die Polizei hatte absolut<br />
keine Energie mehr.<br />
In Kasserine gibt es eine Region, die Kala, wo es überhaupt keine Polizei<br />
mehr gab. Sie war nicht mehr dort. Sie sind von dort geflohen.<br />
Ich erzähle erst einmal weiter...<br />
Die Situation der jungen Leute, die von der Polizei eingeschüchtert wurden,<br />
die nichts dagegen machen konnten, die für Gerechtigkeit revoltiert haben –<br />
am 14. Januar haben sie sich frei wiedergefunden, auf der Straße und haben<br />
gemerkt, dass sie stärker sind <strong>als</strong> die Polizei. Es war eine außergewöhnliche<br />
Situation, es gab eine Garantie, dass sie sich Freiheit nehmen konnten. Das<br />
Gefühl des 14. Januars und der Folgetage war, dass die Leute keine Angst<br />
mehr vor der Polizei hatten. Und die Polizei wurde besiegt. Es gab einen<br />
totalen Wandel der Mentalität.<br />
Das war etwas was wir nicht vorhergesehen haben. Am 24. Januar hatten<br />
wir nicht so viel Hoffnung. Wir dachten, dass es vielleicht Reformen geben<br />
würde, aber nicht, dass die Akteure von dam<strong>als</strong> jetzt nicht mehr existieren<br />
würden. Und jetzt gibt es auf einmal Akteur, die plötzlich da sind, die stark<br />
sind, und die auf den Straßen sind. Das ist eine gute Sache! Aber die Leute<br />
wurden dadurch nicht politisiert. Überhaupt nicht. Wir sind leicht zu<br />
manipulieren. Das ist eine gefährliche Situation.<br />
Da gab es zum Beispiel eine Dame, die erzählt hat, dass sie einen<br />
Polizeikommissar eine Frau schlagen gesehen hat. Und die Leute haben das<br />
weitererzählt und haben das Kommissariat angezündet und so weiter. Nun<br />
gab es aber eine andere Frau, die bezeugen konnte, dass die erste Frau das<br />
gemacht hat, weil sie Schulden beim Kommissariat hatte, die sie nicht<br />
bezahlen wollte. Also hatte sie dem Fernsehen diese Geschichte erzählt und<br />
damit den Tod von fünf Menschen provoziert... Die Leute sind, wenn man es<br />
so sagen möchte, stark manipulierbar. Weil man ihnen alles erzählen kann<br />
und sie es glauben. Sie reagieren und das manchmal ziemlich gewalttätig.<br />
(Das Parteiprogramm ist im Internet auf Französisch zu finden, bzw. wird<br />
gerade noch übersetzt.)<br />
Freie Universität Berlin – Geographische Wissenschaften 190