Vollständiger Abschlussbericht als pdf-Download - Veränderungen ...
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<strong>Abschlussbericht</strong> der Tunesienexkursion<br />
deswegen vermutlich aus der Sicht vieler Bürger nach der Revolution nicht lange erhalten<br />
bleiben.<br />
Graffiti und Street Art sind aber auf jeden Fall <strong>als</strong> besonderer Aspekt der symbolischen<br />
<strong>Veränderungen</strong> im öffentlichen Raum (<strong>als</strong> Form visueller Kommunikation) zu betrachten,<br />
da diese erst mit "Kasbah I" (der ersten großen Demonstration der Revolution)<br />
auftauchten (vgl. Anhang A.8, I 1). Vor der Revolution war die Innenstadt von Tunis frei<br />
von Street Art und Graffiti, da das Verbot strikt durchgesetzt wurde (vgl. Anhang A.8, I 8).<br />
Es existierten schon vor der Revolution Graffitis in den Randbezirken der Hauptstadt.<br />
Jedoch waren diese sowie die etablierte Kunst im Allgemeinen eher unpolitisch (vgl.<br />
Anhang A.8, I 12). Heute produzieren sowohl organisierte Gruppen <strong>als</strong> auch (mehr oder<br />
weniger) „professionelle“ Einzelpersonen Street Art <strong>als</strong> Ausdruck ihrer Präsenz und<br />
Aneignung des öffentlichen Raumes sowie <strong>als</strong> Ausdruck ihrer Meinung beziehungsweise<br />
ihrer "Wahrheiten" (vgl. Anhang A.8, I1).<br />
Der öffentliche Raum kann grundsätzlich <strong>als</strong> eine Art "Arena, <strong>als</strong> zugangsoffenes<br />
Kommunikationsforum" (KLEE 2010: 47) gesehen werden. Während für den Zugang zu<br />
anderen Medien der "Öffentlichkeit" Barrieren wie ökonomische oder professionelle<br />
Anforderungen überwunden werden müssen (vgl. ebd.), stehen der Artikulation eigener<br />
Interessen im öffentlichen Raum nur überwindbare beziehungsweise ignorierbare<br />
(institutionelle, vor allem juristische) Hürden im Weg. Vor allem, wenn von staatlicher<br />
Seite bestimmte Richtungen medialer Meinungsäußerungen unterdrückt oder bekämpft<br />
werden, wie es in Tunesien der Fall war, bieten Botschaften im öffentlichen Raum eine<br />
letzte und schwer zu unterbindende Möglichkeit der Artikulation.<br />
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass sich das massenhafte Auftreten politischer Graffiti in<br />
Tunis (vgl. Illustrationen in BETTAÏEB 2011 & BOUSSOFFARA 2011) <strong>als</strong> Versuch einer<br />
„Umkonstruktion“ des öffentlichen Raumes (von einem "staatlich kontrollierten" zu einem<br />
"revolutionären" Ort) interpretieren lässt (vgl. auch Kapitel 8.1). Damit wird ein Raum<br />
geschaffen, der im Gegensatz zu autoritär angeeigneten öffentlichen Räumen einen<br />
kollektiven Austausch ermöglicht. Laut Springer, der sich aus herrschaftskritischer<br />
Sichtweise mit der Bedeutung materieller öffentlicher Räume für gesellschaftliche<br />
Umbrüche beschäftigt (2011: 536f.) ist die Schaffung solcher „radikaldemokratischer“<br />
öffentlicher Räume essentieller Bestandteil gesellschaftsbestimmter, emanzipatorischer<br />
Politik.<br />
Die Manifestation eines solchen demokratischen öffentlichen Raums (vgl. der genannte<br />
'Espace Commun') fand in Tunis vor allem über direkte Angriffe auf die Symbolik des<br />
Freie Universität Berlin – Geographische Wissenschaften 74