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<strong>Abschlussbericht</strong> der Tunesienexkursion<br />

A.8 Transkription der Interviews Forschungsgruppe 2<br />

I1: Ayoub – Organisator Rapfestival Rue de Bourgiba<br />

Datum: 21.08.11, Interviewer: Alex Seidel und Andrea Büermann<br />

Auf der Avenue Habib Bourguiba findet in der Nähe des Innenministeriums in der zweiten<br />

Augusthälfte ein Musikfestival statt. Auf einer kleinen Bühne treten junge Rapper und Hip<br />

Hopper aus Tunesien und Nachbarländern auf.<br />

Da Rap-Musik eine der wenigen Kunstformen war, die vor der Revolution politische<br />

Aussagen gegen das Regime formulierte, treffen wir den Rapper Ayoub in einem<br />

spontanen Interview hinter der Bühne. Der junge Organisator des Festiv<strong>als</strong> erzählt von<br />

der Rap-Szene, in der sich einige Gegner des Regimes von Ben Ali vereinten, die sich<br />

selbst <strong>als</strong> Kommunisten bezeichnen. Vor dem 14. Januar waren ihre politischen<br />

Songtexte und Graffitis illegal. Doch bereits Anfang Januar führte Ayoub mit einigen<br />

anderen Künstlern am Place Paris (Av. Habib Bourguiba) ihre Musik & Theater im<br />

ständigen Streit mit der Polizei auf. Die ersten Graffitis tauchen in Tunis‘ Innenstadt erst<br />

nach dem 14. Januar auf.<br />

Was sie früher im Untergrund taten, können die Jugendlichen nun auf offener Straße<br />

präsentieren. Das Festival ist das erste seiner Art seit der Revolution, da politische<br />

„Spektakel“ wie dieses nicht möglich und von der Polizei verhindert worden waren. Das<br />

Ziel des Festiv<strong>als</strong> ist es, zu entdecken, was auf der Straße geschieht und die neuen<br />

Möglichkeiten zu erleben, sich auszudrücken und die Menschen zu erreichen. Dies ist laut<br />

Ayoub nur möglich, wenn man sich selbst auf die Straße begibt. Das Festival eignet sich<br />

auch <strong>als</strong> Treffpunkt für die Künstler, die sich sonst in den Cafés der Avenue Habib<br />

Bourguiba austauschen.<br />

Laut Ayoub lässt sich das Festival kaum mit anderen Projekten vergleichen. Seine<br />

Einmaligkeit besteht darin, dass es ohne Stars auskommt und nicht nur mit Tunesiern,<br />

sonder auch mit Algeriern und Marrokanern zusammen arbeitet. Die Szene und ihr<br />

Festival sehen sich im Kontrast zu „reichen Künstern“ oder der Elite, da ihre Kunst<br />

unkommerziell bleibt und nicht für die Reichen gemacht ist, sondern gegen das System<br />

gerichtet ist. Auch gegen die jetzige Regierung wendet sich das Festival, da sich Ayoubs<br />

Meinung nach wenig an der Politik geändert hat. Der Kultur-Minister unterstützt des<br />

Festival und ähnliche Projekte nicht und die Polizei gerät regelmäßig mit den Künstlern<br />

aneinander. Ayoub nennt das Festival sogar eine Form des „Krieges“ gegen die Polizei.<br />

Die Szene bleibt angespannt. Sie rechnet damit, dass im Zusammenhang mit den Wahlen<br />

eine Zweite Revolution notwendig wird. Ihre Erfahrungen des letzten Winters haben ihnen<br />

gezeigt, dass sie sich gegen Ungerechtigkeiten wehren können und ihre Zukunft selbst<br />

bestimmen können.<br />

Freie Universität Berlin – Geographische Wissenschaften 159

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