Vollständiger Abschlussbericht als pdf-Download - Veränderungen ...
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<strong>Abschlussbericht</strong> der Tunesienexkursion<br />
autoritär besetzten Raumes statt. Dazu zählt auch die Verbreitung revolutionärer<br />
Botschaften an Orten, die fest mit der Politik Ben Alis verbunden werden. Die Methode<br />
der Kartierung zur Detektion dieser Botschaften wurde bewusst an diesen Orten<br />
angewendet. Außerhalb der kartierten Bereiche finden sich beispielsweise wesentlich<br />
weniger politische Graffitis. Auch sind die wichtigsten Ministerien und Amtssitze der<br />
tunesischen Regierung innerhalb des kartierten Bereichs verortet, ebenso wie die Orte<br />
und Routen der meisten Demonstrationen (vgl. Anhang A.6).<br />
Eine direkte Form der Dekonstruktion autoritären Raumes stellt die Zerstörung der<br />
staatlichen Symbolik in Objekten, Gebäuden oder Plätzen dar. Zwar können solche<br />
Vorgänge im Nachhinein oft schwer erkannt werden, es lassen sich aber beispielsweise<br />
beschädigte Polizeistationen und Gebäude der ehemaligen Regierungspartei RCD, aber<br />
auch Spuren mittlerweile entfernter Portraits und Botschaften des alten Regimes finden<br />
(Anhang A.6, Abb. 70).<br />
Bei der Kartierung der Formen visueller Kommunikation ergab sich zudem eine auffällige<br />
Unterscheidung zwischen der Avenue Habib Bourguiba und der Medina. So sind<br />
politische Plakatierungen überwiegend auf der Avenue Habib Bourguiba zu finden.<br />
Außerdem überwiegen hier Graffitis, deren Aussagen vor allem <strong>als</strong> direkte Forderungen<br />
oder Aufrufe verstanden werden (Anhang A.6, Abb. 56ff.). Die Graffitis und Wandbilder in<br />
der Medina sind hingegen von einem eher 'dokumentarischen Stil' geprägt: Hier finden<br />
sich beispielsweise anspruchsvollere Bilder wie die des Street Art-Künstlers 'Zoo-Project'<br />
(Anhang A.6, Abb. 16, 21, 42, 43, 48), religiöse Schriftzüge (Anhang A.6, Abb. 45 oder<br />
57) oder Graffiti im Gedenken an während der Demonstrationen getötete Menschen<br />
(Anhang A.6, Abb. 48-52). In diesen Unterschieden spiegelt sich die mit den<br />
Beweggründen der Graffiti verknüpfte Symbolik der Orte wieder: Während die Medina <strong>als</strong><br />
"Schutzraum" (vgl. Kapitel 7.2.3) eine Art "Aufzeichnungs- und Erinnerungsplattform"<br />
darstellen kann, ist die Avenue Habib Bourguiba ein Ort der direkten<br />
Auseinandersetzungen und Forderungen. Trotzdem unterscheidet sich damit der Kontext<br />
oder die Motivation "revolutionärer" in Tunis kartierter Graffitis deutlich von dem<br />
beispielsweise europäischer Graffiti, welche überwiegend unpolitisch sind und eher dem<br />
Selbstzweck dienen (vgl. RHEINBERG & MANIG 2003; RYLL & SCHUBERT 2004).<br />
Auch in der standardisierten Befragung wurde auf die Thematik politischen Graffitis und<br />
Street-Art eingegangen. Gemäß Abb. 13 ist von einem Anstieg der Verbreitung von<br />
Graffiti und Street Art in den letzten Monaten auszugehen.<br />
Freie Universität Berlin – Geographische Wissenschaften 75