Vollständiger Abschlussbericht als pdf-Download - Veränderungen ...
Vollständiger Abschlussbericht als pdf-Download - Veränderungen ...
Vollständiger Abschlussbericht als pdf-Download - Veränderungen ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Abschlussbericht</strong> der Tunesienexkursion<br />
wie Gewalt gegen Frauen, Sexismus und Chauvinismus nicht thematisiert und beachtet<br />
werden, beurteilt Khalfaoui <strong>als</strong> ein „fast noch schlimmeres Problem“ (ebd.).<br />
16.2 Rechtliche Gleichstellung, reale Ungleichheiten<br />
Tunesien gilt, was die Gleichstellung von Männern und Frauen betrifft, <strong>als</strong> eines der<br />
fortschrittlichsten Länder in der arabischen Welt (vgl. RIVA 2011). So ist die rechtliche<br />
Gleichstellung aller Bürger, beide Geschlechter eingeschlossen, in Artikel 6 der<br />
tunesischen Verfassung verankert. Zudem wurden Frauen in den letzten Jahren im<br />
Familienrecht Männern gleichgestellt, was z.B. das Recht auf Scheidung, das Recht auf<br />
Schwangerschaftsabbruch, das Recht auf eigene Berufswahl und das Verbot der Vielehe<br />
einschließt. Dies stellt einen weiteren großen Schritt hin zur Gleichberechtigung dar (vgl.<br />
MASHHOUR 2005).<br />
Während die Gesetzeslage Diskriminierung aufgrund des Geschlechts verbietet, ist die<br />
reale Gleichberechtigung noch lange nicht in Tunesien angekommen. Die patriarchalisch<br />
geprägte tunesische Gesellschaft sowie die moralischen, religiösen und sozialen<br />
Erwartungen bzw. Rollenbilder und die ungleiche wirtschaftliche Lage für Männer und<br />
Frauen bilden ein System von unterschiedlichen Zwängen. Dieses System erschwert es<br />
Frauen in Tunesien ein selbstbestimmtes Leben in gleichem Maße wie Männern zu führen<br />
und gleichen Zugang zum Öffentlichen Raum zu bekommen (vgl. WASTL-WALTER<br />
2010). Diese Gedanken sollen im folgenden Abschnitt weiter ausgeführt werden.<br />
Eine patriarchalische Gesellschaft zeichnet sich durch Androzentrismus aus. Das<br />
bedeutet, dass die Fixierung auf den Mann in gesellschaftlichen Orientierungsprozessen<br />
vorherrschend ist und sich demzufolge die Legitimierung geschlechtsspezifischer<br />
Machtpositionen herausbildet (vgl. HÄRTWIG 2005). Daraus resultieren zudem eine<br />
größere Repräsentation von Männern und eine Dominanz männlicher Perspektiven in<br />
öffentlichen Diskursen und in der Öffentlichkeit. Hinzu kommt eine verstärkte Kontrolle<br />
über Frauen und besonders ihrer Sexualität, was eine selbst bestimmte Lebensführung<br />
erschwert oder gar behindert (ebd.).<br />
Laut Khalfaoui von der ATFD ist die Sozialisierung in einer patriarchalischen Gesellschaft<br />
das größte Problem tunesischer Frauen (vgl. Anhang A.10, I 4). Unserer Vermutung, dass<br />
eine Gleichberechtigung in oberen Gesellschaftsschichten stärker vorhanden ist, setzt die<br />
Feministin Khalfaoui entgegen, dass auch hier die Frauen im Sinne der patriarchalischen<br />
Gesellschaft sozialisiert sind (ebd.). Die Sozialisation in einer gesellschaftlichen Klasse<br />
Freie Universität Berlin – Geographische Wissenschaften 118