Vollständiger Abschlussbericht als pdf-Download - Veränderungen ...
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<strong>Abschlussbericht</strong> der Tunesienexkursion<br />
Der untersuchte öffentliche Raum dient heute vor allem <strong>als</strong> Podium der eigenen Meinung<br />
und <strong>als</strong> Ort des Ausdruckes verschiedenster individueller und allgemeiner Forderungen.<br />
Was unter Ben Alis Herrschaft der Öffentlichkeit verschlossen war, ist heute zugleich Ort<br />
"der Interaktion, der Expression, der Begegnung von Bürgern, der Teilnahme, aber auch<br />
der Konfrontation“ (ZAT 2011: 12). Immer wieder werden die neuen Freiheiten des<br />
Handelns - wie Demonstration, freie Meinungsäußerung und Diskussion und eine freiere<br />
Auseinandersetzung mit bisher restriktiven Normvorstellungen und Vorschriften im<br />
öffentlichen Raum durch verschiedene interviewte Personen betont (vgl. Anhang A.8, I 3, I<br />
5).<br />
Man kann heute beispielsweise "Polizisten gegenüber auffallen" und "offen gegen sie<br />
sein" (vgl. Anhang A.8, I 5). Eine weitere neue sehr offensichtliche Nutzung, besonders<br />
der Avenue Habib Bourguiba, stellten während der Forschungsreise in Tunis die<br />
zahllosen Stände von Straßenhändlern dar, was vor der Revolution verboten war.<br />
Bezüglich der Nutzergruppen kann man von einer zunehmenden Pluralität seit der<br />
Revolution sprechen: "Städter, Künstler, Streikende, Junge, Alte, Schüler, Frauen,<br />
Männer [...] haben die Stadt wieder in Besitz genommen“ (ZAT 2011). Insbesondere<br />
Künstler (Musik, Schauspiel, Graffiti, Studenten, etc.) eignen sich den öffentlichen Raum<br />
zunehmend an und was ebenjenen unter Ben Ali durch fehlende Genehmigungen und<br />
durch die Zensur verwehrt blieb, wird heute <strong>als</strong> Mittel des künstlerischen Ausdruckes<br />
geschätzt (ZAT 2011: 26ff). Hier macht sich das neue Interesse an Kunst und Kultur in<br />
Tunis deutlich bemerkbar (vgl. Anhang A.8, I 11).<br />
Ein Beispiel dafür stellte ein Hip-Hop-/ Rap-Festival auf der Avenue Habib Bourguiba am<br />
21.08.2011 dar. Als ebenso künstlerisch wie politisch motiviertes, musikalisches und<br />
schauspielerisches Spektakel bildeten die Konzerte einen Ort der Begegnung und des<br />
Austausches von Künstlern und eine Aneignung des öffentlichen Raumes, sowie ein<br />
Austesten neuer Möglichkeiten seiner Nutzung (vgl. Anhang A.8, I 8, I 9).<br />
55,9% aller Befragten waren der Meinung diese Ausdrucksform habe zugenommen<br />
(wohingegen 22,5% der dazu befragten Personen keine Veränderung sahen und 21,6%<br />
sogar eine Abnahme dessen angaben). Diese Zahlen sind jedoch mäßig aussagekräftig,<br />
da "in den letzten Monaten" in der Interpretation sehr variabel ist und heute vorhandene<br />
Graffiti im Vergleich zur Hochphase der Revolution nur einen Bruchteil darstellen (vgl.<br />
Kartierung; BETTAÏEB 2011; BOUSSOFFARA 2011).<br />
Freie Universität Berlin – Geographische Wissenschaften 87