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Romanist: Im Dienste der deutschen Nation - KOBRA - Universität ...

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Molière<br />

Zur „feierlichen Einführung des neuen Rektors <strong>der</strong> <strong>Universität</strong>“ am 16.10. 1910 widmete<br />

Wechssler sich erstmals dem Thema „Molière“ 747 , das in Deutschland bereits sehr populär<br />

war 748 . Er hatte es aus zwei Gründen ausgewählt: Zum einen aus <strong>der</strong> Erwartung, „daß den<br />

Lesern […] <strong>der</strong> Gegenstand schon bekannt“ bzw. „liebgeworden“ war, zum an<strong>der</strong>en, weil er<br />

den Dichter einmal „von einer Seite fassen will, die von <strong>der</strong> Forschung bisher weniger<br />

beachtet wurde“ 749 . Zur Diskussion über „Subjektivismus“ und „Objektivismus“ des Dichters<br />

wolle er sich nur am Rande äußern und sich dem Problem stattdessen „von einer an<strong>der</strong>n Seite<br />

her“ nähern, um damit zur „wünschenswerten Verständigung“ darüber, ob Molière nun ein<br />

Philosoph sei o<strong>der</strong> nicht, beizutragen.<br />

In <strong>der</strong> Folge entwickelt Wechssler dementsprechend sein eigenes Verständnis des<br />

Dichters, wobei er sich auf den von ihm 1909 erörterten Begriff <strong>der</strong> „Weltanschauung“<br />

bezieht 750 , die das „Ziel alles Philosophierens“ sei. Deshalb müsse die Frage lauten, was<br />

Molière „auf Grund seiner Bildung und Erfahrung während <strong>der</strong> Wandlungen eines reichen<br />

Lebens gedacht“ hat, was er „als Künstler ausgesagt [hat] über Sinn und Wert des Lebens,<br />

über Aufgaben und Möglichkeiten des Menschen im Weltganzen“ und nicht zuletzt „über sein<br />

Verhältnis zu Gott“ 751 . Das Denken Molières soll demnach – positivistisch – aus seiner<br />

„Bildung“ erklärt werden, wobei gleichzeitig – idealistisch – das „Weltganze“ in den<br />

Blickpunkt tritt, womit sich Wechssler sozusagen auf <strong>der</strong> Schwelle zwischen zwei Systemen<br />

befindet bzw. versucht, diese auf seine Art in Einklang zu bringen bzw. produktiv zu<br />

verbinden. Für Wechssler ist Molière ein Philosoph, wobei seine Philosophie allerdings<br />

befremde, weil sie in <strong>der</strong> „Geisteswelt <strong>der</strong> Renaissance“ wurzele und „unkirchlich“ sei 752 .<br />

„Renaissance“ bedeutet für ihn dabei „in Italien so gut wie in Frankreich o<strong>der</strong> Deutschland: es<br />

ist die Selbstgewißheit und das Kraftbewußtsein des freien Denkens und freien Wollens, das<br />

sich losmacht von dem Zwang eines jeden korporativen Verbandes, von dem <strong>der</strong> Kirche<br />

747 Der Theologie-Professor Karl Budde übernimmt das Amt des Professors für klassische Philologie Ernst<br />

Maaß. Vgl. Wechssler, Eduard: Molière als Philosoph, Marburg 1910, Umschlag.<br />

748 So waren – wie Wechssler feststellt – z.B. im selben Jahr erschienen: Wolff, Max J.: Molière. Der Dichter<br />

und sein Werk. München 1910 und die Rezension durch Heinrich Schneegans von: Lafenestre, Georges: Les<br />

grands écrivains français, Paris 1909, in Zeitschrift für französische Sprache 1910. Vgl. Wechssler, Eduard:<br />

Molière als Philosoph, s.o., S. 1.<br />

749 Ebenda, S. 1.<br />

750 Wechssler verweist hier zum einen auf seinen Aufsatz „Das Kulturproblem des Minnesangs, Halle 1909, zum<br />

an<strong>der</strong>en auf Dilthey, mit dessen „Weltanschauungslehre“ er sich – wie gezeigt - ausführlich beschäftigte. Vgl.<br />

Wechssler, Eduard: Molière als Philosoph, s.o., S. 1.<br />

751 Ebenda.<br />

752 Ebenda, S. 6.<br />

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