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Romanist: Im Dienste der deutschen Nation - KOBRA - Universität ...

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Die Franzosen seien aufgrund dieses Triebes auch ein „Volk <strong>der</strong> Städte“, und es sei nur ein<br />

„scheinbarer Wi<strong>der</strong>spruch, daß noch heute <strong>der</strong> größere Teil <strong>der</strong> Bevölkerung seinen Acker<br />

baut“. Dies hänge einfach mit wirtschaftlichen Notwendigkeiten zusammen. Der vermögende<br />

Grundeigentümer dagegen lebe lieber nicht dort und lasse seine Län<strong>der</strong>eien stattdessen von<br />

Kleinbauern bebauen 1023 . Und auch auf dem Lande ahme man „städtische Verkehrsform“<br />

nach: So sitze man im „Kaffeehaus beim Spiel und politischer Auseinan<strong>der</strong>setzung“ 1024 . Füge<br />

sich jemand nicht in die Gemeinschaft ein, sei ihm <strong>der</strong> „Vorwurf <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>art (étrange,<br />

bizarre, singulier)“ sicher. Frankreich sei deshalb insgesamt nicht das Land <strong>der</strong><br />

hervorragenden Einzelmenschen, son<strong>der</strong>n stets „die Heimat <strong>der</strong> großen Stile und Typen“ 1025<br />

gewesen. Sicher habe es in Frankreich auch „Menschen von schöpferischer Son<strong>der</strong>art“<br />

gegeben, so z.B. Pascal, Molière, Racine und Hugo, doch hätten diese „hart“ „unter dem<br />

Zwang zur Gemeinschaft“ gelitten 1026 .<br />

Der Deutsche neige dazu, solchen Drang zu Einordnung gering zu schätzen und vergesse,<br />

dass „<strong>der</strong> Sinn für gesellige und staatliche Gemeinschaft, für ein großes und weites<br />

Verbundensein <strong>der</strong> Geister, ja, für einen geistigen Verband <strong>der</strong> ganzen Menschheit, auf<br />

diesem Grunde gewachsen sind“. Statt die Hörerschaft auch als solche anzureden, „quäle“<br />

sich z.B. ein akademischer Lehrer lieber mit <strong>der</strong> Frage herum, „ob man die Damen o<strong>der</strong> die<br />

Herren voranzustellen habe“ 1027 . Den Deutschen zeichne <strong>der</strong> Hang zur inneren<br />

Unabhängigkeit aus. So habe Goethe schon gesagt, dass „uns jedes Leben erträglich ist, wenn<br />

wir uns nur selber nicht vermissen sollen“. Und Wilhelm von Humboldt habe in sein „Pariser<br />

Tagebuch“ geschrieben „er habe in diesem Jahre durch Umgang nur verloren, nicht<br />

gewonnen“. Dieses „angeborene Recht auf Alleinsein“ habe nun aber zu Ereignissen geführt,<br />

die „das ganze Elend unseres Volkes enthüllen“. Bei diesen Ausführungen Wechsslers<br />

handelt es sich – nebenbei bemerkt – um eine <strong>der</strong> im ersten Teil noch von Zeit zu Zeit<br />

erscheinenden „deutschkritischen“ Stellen. Wo nämlich <strong>der</strong> Einzelne den großen Gedanken<br />

vergesse, da werde Eigenrecht zu Starrsinn, Rechthaberei, Kleinlichkeit, Streitsucht:<br />

„Von jeher wimmelt es im <strong>deutschen</strong> Land von Son<strong>der</strong>lingen, Eigenbrötlern, /…/,<br />

Querköpfen, Schrullenhaften Verbohrten und Verschrobenen, Querulanten und<br />

1023 Ebenda, S. 93.<br />

1024 Ebenda, S. 94.<br />

1025 Ebenda.<br />

1026 Ebenda, S. 95.<br />

1027 Ebenda, S. 96.<br />

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