Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Text: Axel Kölling<br />
RENDEZVOUS IM HIMMEL<br />
110<br />
Die Luft- und Raumfahrt zählt zu den wichtigsten<br />
Branchen in Bremen. Technologien aus der Hansestadt<br />
sind jederzeit am Himmel im Einsatz – manchmal<br />
verabreden sie sich dort sogar zu einem Treffen.<br />
Ein Telekommunikationssatellit ist von seiner Bahn<br />
abgekommen – mit mehr als 20 000 Stundenkilometern<br />
Geschwindigkeit taumelt er durchs All. Rund 600 000 Euro<br />
an Investitionen scheinen verloren. Langsam nähert sich<br />
jedoch ein zweiter Satellit: Während beide weiter im<br />
90-Minuten-Takt um die Erde rasen, tastet sich der Verfolger<br />
Zentimeter für Zentimeter an das verloren geglaubte<br />
Hightechsystem heran. Schließlich ist er nahe genug, um<br />
einen Greifarm auszufahren. Die Präzision wird nun über<br />
Erfolg oder Misserfolg der Rettungsmission entscheiden:<br />
Ein kleiner, unkontrollierter Schubs genügt, um den Satelliten<br />
in die falsche Richtung davonzujagen – entweder auf<br />
Nimmerwiedersehen in die unendlichen Weiten des Welt -<br />
alls, oder in die Erdatmosphäre, wo er verglüht. Der Greif -<br />
arm packt jedoch ganz vorsichtig zu. Nun schleppt der<br />
Retter seinen Schützling zurück an die gewünschte Position<br />
und entlässt ihn wieder in die korrekte Umlaufbahn.<br />
Der eine Satellit hat damit seine aktuelle Mission erfüllt,<br />
der andere kann seine fortsetzen.<br />
Dieses Szenario, das sich schon bald im Weltall zutragen<br />
soll, hat am Boden bereits seine Generalprobe bestanden.<br />
Der „Himmel auf Erden“ befindet sich im Technologiepark<br />
Bremen und umfasst 288 Quadratmeter. Es handelt sich<br />
dabei um die Weltraum-Explorationshalle des Robotics<br />
Innovation Center, einem Forschungsbereich des Deut -<br />
schen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz<br />
(DFKI). Die Halle wurde im Jahr 2010 errichtet und ist eines<br />
von zahlreichen Highlights, die Bremen zu einer internatio -<br />
na len Hochburg der Luft- und Raumfahrt machen. Mehr<br />
als 12 000 Beschäftigte in über 140 Unternehmen und<br />
Instituten arbeiten in diesen Feldern – dabei beteiligen<br />
sie sich an der Konstruktion und Fertigung von weltweit<br />
bekann ten Produkten wie der Airbus-Familie, der Ariane-<br />
Rakete und dem Satellitennavigationssystem „Galileo“.<br />
Weltraumrobotik: mit dem „Sherpa“ durch<br />
die Kraterlandschaft<br />
In der Weltraum-Explorationshalle können nicht nur sogenannte<br />
„Rendezvous and Capture“-Lösungen („annähern<br />
und einfangen“) getestet werden, die einen Satelliten<br />
reparieren, auf Kurs bringen oder – zur Reduzierung des<br />
Weltraumschrotts – per Schubs in die Erdatmosphäre<br />
durch Verglühen entsorgen. Zahlreiche weitere Robotik -<br />
systeme werden hier für den Weltraum optimiert. Eine<br />
neun Meter breite, höhenverstellbare Kraterlandschaft<br />
bietet die Möglichkeit, verschiedene Fortbewegungsarten<br />
in schwierigem Terrain zu erforschen. Dort tummeln sich<br />
die unterschiedlichsten Kreaturen: spinnenartige Wesen<br />
wie der SpaceClimber und Crex (Crater Explorer), ein<br />
Scorpion, ein Scarabaeus und sogar verschiedene affen -<br />
ähnliche Roboter. Der „Sherpa“ verfügt über Räder und<br />
trägt seine kleineren Kumpanen oder andere Lasten bei<br />
Bedarf bis an den gewünschten Einsatzort.<br />
Was lustig anzuschauen ist und ein wenig nach Hightechspielzeug<br />
aussieht, ebnet den Weg für wegweisende Innovationen,<br />
die einen Beitrag zur Lebensqualität auf der Erde<br />
leisten. Schon jetzt nutzt fast jeder Mensch und jedes<br />
Unternehmen neue Technologien, die auf der Raumfahrt<br />
basieren. Dazu zählen neben der Satellitenkommunikation<br />
(Telefon, Fernsehen) auch Wetterberichte und Naviga -<br />
Fortsetzung Seite 114