31.03.2015 Aufrufe

Typisch bremisch Typically “Bremish”

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

126<br />

Versuch, mit dem Bau eines Sechszylinders in die Oberliga<br />

vorzudringen, brach Borgward endgültig das Genick.<br />

Für Bremen war das die erste große Pleite im Nach kriegs -<br />

wirtschaftswunder. Bürgermeister Wilhelm Kaisen sah sich<br />

damals nicht imstande, mehrere Millionen D-Mark in das<br />

Unternehmen zu pumpen, obwohl 20 000 Arbeitsplätze<br />

auf der Kippe standen. Das war das Aus für Borgward und<br />

beinahe auch das Aus für den Automobilstandort Bremen.<br />

Zwar übernahm zunächst Hanomag und später Mercedes-<br />

Benz das ehemalige Borgward-Werk, um dort Kleinlaster<br />

zu bauen, aber nur mit 3000 der ehemals 20 000 Be schäf -<br />

tigten. Neue Hoffnung für eine Wiederbelebung der Automobilproduktion<br />

gab es erst, als der damalige Mercedes-<br />

Chef Werner Niefer dringend nach einem neuen Pkw-<br />

Standort suchte, weil das Stammwerk in Sindelfingen die<br />

Nachfrage nicht mehr bewältigen konnte.<br />

Als Hans Koschnick, von 1967 bis 1985 Bremer Bürger -<br />

meister, davon erfuhr, versuchte er sofort, Bremen ins<br />

Spiel zu bringen. Bremen brauchte dringend neue Arbeits -<br />

plätze: Nicht nur Borgward musste aufgeben, weitere<br />

Industrieunternehmen wie Nordmende waren insolvent,<br />

am Horizont zeichnete sich bereits die Werftenkrise ab.<br />

Doch für die Stuttgarter Autobauer kam Bremen zunächst<br />

gar nicht in Betracht. Sie sahen sich um in Düsseldorf, in<br />

Hamburg, in Emden. Also wurde das bestens geeignete<br />

Gelände neben der Borgward-Fabrik zwei Kleingarten -<br />

vereinen angeboten, die umgesiedelt werden mussten.<br />

Der große Coup des Hans Koschnick<br />

Und dann kam doch noch der ersehnte Anruf von<br />

Daimler-Chef Werner Niefer: Er ließ anfragen, ob er den<br />

Bremer Bürgermeister auch am Wochenende mal aufsuchen<br />

könne, erinnert sich Koschnick. Natürlich konnte<br />

er. Man traf sich zum Mittagessen im Senatsgästehaus und<br />

unterhielt sich. Niefer signalisierte zwar Interesse, blieb<br />

aber skeptisch: „Bekommen Sie das hin, dass wir in zwei bis<br />

drei Jahren anfangen können?“, wollte er von Koschnik<br />

wissen. Es war klar: Dafür müssten Häuser abgerissen und<br />

die Kleingärten erneut verlegt werden. Aber es ging auch<br />

um 6000 bis 8000 Arbeitsplätze.<br />

„Das wird nicht ganz leicht, aber ich will mich bemühen“,<br />

antwortete Koschnick damals. „Geben Sie mir zwei<br />

Wochen Zeit.“ Den Senat konnte er überzeugen, aber<br />

mit den Kleingärtnern, zum großen Teil traditionelle SPD-<br />

Wähler, stand ihm ein harter Kampf bevor. Unterstützung<br />

bekamen die Parzellenbesitzer von Studenten der neu<br />

gegründeten Bremer Universität, die den Senat be schul -<br />

digten, sich allzu willig den Interessen eines „kapitalis -<br />

tischen Großkonzerns“ zu unterwerfen. Heute dürften<br />

auch die damaligen Streiter froh sein, dass die Ansiedlung<br />

gelang. Mit über 12 500 Beschäftigten ist der Autobauer<br />

mit Abstand der größte Arbeitgeber in der Region.<br />

Dazu kommen ca. 25 000 Arbeitsplätze in der Automobil -<br />

zulieferindustrie und in der Logistik.<br />

Doch nicht nur Teile der Bremer Bevölkerung, darunter die<br />

Anwohner des vom Werksverkehr stark belasteten Stadtteils<br />

Hemelingen, waren zunächst skeptisch. Auch aus<br />

Stuttgart wurde der Aufbau des neuen Pkw-Werks in<br />

Bremen argwöhnisch beobachtet, erinnert sich Koschnick.<br />

„Für den klassischen Arbeiter bei Daimler ist Borgward<br />

natürlich nie so gut gewesen wie ein Mercedes. Da hieß<br />

es: Die Bremer können das gar nicht. Aber die Bremer<br />

haben gezeigt, dass sie es sehr wohl können.“<br />

Bestnoten für das Bremer Werk<br />

Daran zweifelt im Daimler-Konzern heute niemand mehr.<br />

Im internen Wettbewerb der Standorte bekommen die<br />

Bremer immer wieder Bestnoten. Die Bremer Belegschaft<br />

gilt als besonders flexibel und innovativ, wenn es um die<br />

Einführung neuer Modellreihen geht. Deshalb wurde das<br />

Bremer Werk vom Konzern zum „Kompetenzzentrum“ für<br />

die Einführung der neuen C-Klasse ernannt. Die C-Klasse,<br />

das meistverkaufte Modell der Mercedes-Pkw-Familie,

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!