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Text: Annemarie Struß-von Poellnitz<br />
STROM AUS DEM MEER<br />
94<br />
Offshore-Windenergie ist die Basis der Energiewende.<br />
In Bremerhaven sind ihre Pioniere am Werk. Windindustrie<br />
und Energiewirtschaft bilden hier und in der Stadt<br />
Bremen ein zukunftsträchtiges Wirtschaftscluster – entlang<br />
der gesamten Wertschöpfungskette.<br />
In Bremerhaven sind sie immer gleich auf dem Baum,<br />
wenn mal wieder irgend so ein Laie „Windmühle“ sagt.<br />
„Windmühle“ – das klingt so romantisch, nach klappernder<br />
Mühle am rauschenden Bach. Hier heißt das WEA, Wind -<br />
energieanlage. Das hat nichts mit Romantik zu tun, das ist<br />
Hochtechnologie. Die Herausforderung: Bis zu 200 Kilo -<br />
meter von der Küste entfernt sollen in 20 bis 40 Meter<br />
tiefem Wasser bis 160 Meter hohe Windanlagen installiert<br />
werden. Oft bei starkem Wind und Wellengang. Das ist<br />
Pionierarbeit. Die anderen Nordseeanrainer haben deutlich<br />
kürzere Wege zu ihren Windfeldern, aber vor der deut -<br />
schen Nordseeküste liegt das Weltnaturerbe Wattenmeer,<br />
das gilt es zu schützen.<br />
Diese speziellen Bedingungen machen die Offshore-<br />
Technologie besonders aufwendig und teuer. Aber auch<br />
besonders lohnend, denn gerade weit draußen auf dem<br />
Meer ist die Windausbeute besonders groß. Und weil der<br />
Wind da draußen fast immer weht, ist die Offshore-Wind -<br />
energie als einzige regenerative Energie nahezu grund -<br />
lastfähig, sagt Nils Schnorrenberger. Er ist Geschäftsführer<br />
der Wirtschaftsförderung Bremerhaven, der BIS (Bremerhavener<br />
Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadt -<br />
entwicklung mbH). Mit Windstrom vom Meer fließt der<br />
Strom beinahe so zuverlässig wie Elektrizität aus konventionellen<br />
Kraftwerken, sagt Schnorrenberger. 4500 Volllaststunden<br />
schafft eine Offshore-Anlage pro Jahr, eine WEA<br />
an Land nur 2600.<br />
Strom für Millionen Haushalte<br />
Laut Prognose der Bundesregierung sollten ursprünglich<br />
bis 2020 zehn Gigawatt Strom auf dem Meer erzeugt<br />
werden. Dieses Ziel wurde auf sieben Gigawatt reduziert.<br />
Bis 2030 sollen es 25 Gigawatt sein. Eine Windenergie -<br />
anlage mit sechs Megawatt Leistung produziert Strom für<br />
6900 Haushalte, ein Offshore-Windpark mit 400 Megawatt<br />
kann 460 000 Haushalte versorgen, rechnet Schnorrenberger<br />
vor. Wenn alles nach Plan läuft, werden bis 2030 bis<br />
zu 28,6 Millionen Haushalte mit Strom vom Meer versorgt.<br />
So eine Größenordnung schafft keiner der anderen re -<br />
generativen Energieträger in einem künftigen Energiemix.<br />
Deshalb, sagt Schnorrenberger, ist die Energiewende ohne<br />
Offshore-Technologie nicht zu machen.<br />
Er sagt das sehr oft in diesen Tagen, denn der noch jungen<br />
Technologie, in die Bremerhaven so viel Hoffnung setzt,<br />
bläst der Wind scharf ins Gesicht. Der Ausbau hinkt dem<br />
ehrgeizigen Zeitplan der Bundesregierung hinterher. Aber<br />
Schnorrenberger, und mit ihm alle hier an der Küste, glau -<br />
ben an den Erfolg dieser Technologie. „Was wir brauchen,<br />
sind verlässliche politische Rahmenbedingungen“, so der<br />
Wirtschaftsförderer.<br />
Schon seit 2001 setzen sie in Bremerhaven auf Wind.<br />
Damals begann der gezielte Aufbau des Offshore-Windclusters.<br />
Rund 125 Mio. Euro hat das Land Bremen seit<br />
2002 für den Aufbau des Windindustrie-Standorts am<br />
Fischereihafen investiert. Über 5000 Arbeitsplätze sind<br />
bereits in der Region entstanden. Diese Zahl könnte sich<br />
mittelfristig mindestens verdoppeln, heißt es in einer<br />
Studie der Windenergie-Agentur WAB und der Wirtschafts -<br />
prüfungsgesellschaft PWC. Insgesamt arbeiten heute