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Herausforderungen der Familienmedizin - Združenje zdravnikov ...

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Zapušek J: Gespräch mit einem angeblich missbrauchten Kind 61<br />

Die Befürworter <strong>der</strong> Methode heben als beson<strong>der</strong>s positiv hervor, dass die Kin<strong>der</strong> ihr<br />

Schamgefühl und Scheu auf die Puppe übertragen. Dadurch werden sie irgendwie neutral<br />

dazu ermutigt und zwanglos motiviert, leichter die Wahrheit zu sagen. Die Befürworter <strong>der</strong><br />

Methode sind auch überzeugt, dass die Puppen einen große Projektionswert aufzeigen. Sie<br />

behaupten, dass missbrauchte Kin<strong>der</strong> erhebliche Abneigung gegenüber <strong>der</strong> ausgezogenen<br />

Puppe bzw. ihren Geschlechtsteilen zeigen. Vor allem die letzte Behauptung ist sicher<br />

glaubwürdig, weil das Kind bis zum sechsten Lebensjahr keine Vorurteile gegenüber den<br />

Geschlechtsteilen hat, insofern es keine schlechte Erfahrungen o<strong>der</strong> sogar Missbrauch mit den<br />

Geschlechtsteilen verbindet.<br />

Die Gegner <strong>der</strong> Methode sind überzeugt, dass auch die anatomische Puppe ein Gegenstand<br />

<strong>der</strong> Suggestibilität ist und sie das Kind ermuntert, dass es sexuell orientierte Aussage macht,<br />

obwohl es nicht missbraucht wurde. Zu dieser Hypothese wurde eine Studie im Jahr 1993 in<br />

Führung von Berry und Skinner (7) durchgeführt, die aber die Hypothese nicht wi<strong>der</strong>legen<br />

und nicht bestätigen konnten. Aus diesem Grund wird die Studie nicht genauer vorgestellt,<br />

weil die Ergebnisse fast 50:50 waren (die Hälfte <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> deutete die Suggestibilität an und<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Hälfte half die Puppe hinter die Wahrheit zu kommen).<br />

So ist die Methode <strong>der</strong> anatomischen Puppen noch immer im Gebrauch, obwohl die Experten<br />

immer wie<strong>der</strong> darüber streitet. Die Tatsache ist, dass dies eine Methode ist, <strong>der</strong>en Fehler<br />

wesentlich kleiner als bei allen an<strong>der</strong>en vorher genannten<br />

Ansätzen sind.<br />

WIE KOMMT MAN AN ZUVERLÄSSIGE DATEN<br />

Bis jetzt wurde vor allem darüber diskutiert, wie mit einem Kind nicht zu sprechen ist, sehr<br />

wenig wurde aber über den richtigen Ansatz gesprochen. Es ist eben so: bei delikaten Themen<br />

ist es viel einfacher zu sagen, dass etwas nicht geeignet ist und das auch zu beweisen, als erst<br />

zu sagen „so muss man handeln“ und dies dann unter Beweis zu stellen. Zum Teil liegt das an<br />

Studien, die verschiedene Hypothesen unter die Lupe nehmen, die in <strong>der</strong> Regel (wie man das<br />

in den oberen Kapiteln erkennen kann) immer wie<strong>der</strong> wi<strong>der</strong>legt werden, nach dem Motto:<br />

diese Methode ist NICHT geeignet. Zudem würde die Fachwelt jedem Experten mit Skepsis<br />

trotzen, <strong>der</strong> sich nur »wagen« würde, klare Regeln bezüglich des richtigen Ansatzes in <strong>der</strong><br />

Kommunikation mit einem angeblich missbrauchten Kind aufzustellen. Das möchte nun<br />

wirklich keiner. Wer würde schon ein o<strong>der</strong> zwei Jahre seiner mühsamen Studienarbeit<br />

riskieren, die später ohnehin von den Kollegen bei je<strong>der</strong> Unklarheit heftig diskutiert und<br />

schließlich nicht anerkannt werden würde?<br />

Deshalb gelten allgemeine, empirische Prinzipien darüber, wie man an ein solches Kind<br />

herankommt. Diese Prinzipien sind Bestandteil <strong>der</strong> vereinbarten Richtlinien. Erneut sei<br />

betonnt, dass ein missbrauchtes Kind sein schreckliches Erlebnis tief in sich verdrängt und<br />

sich während des Gesprächs in einer extrem schwierigen Situation befindet. Einerseits<br />

schmerzt dieses dunkle Thema, um das es einen großen Bogen macht, an<strong>der</strong>erseits sucht es<br />

nach einem Ausweg, nach Antworten, die den aufdringlichen Interviewer zufrieden stellen.<br />

Das alles, nur um endlich das unangenehme Gespräch zu beenden. Bei <strong>der</strong> Suche nach einer<br />

Lösung wird die Wahrheit völlig unterbewusst in eine Ecke gedrängt und wird vom Kind oft<br />

als eine alternative Antwort überhaupt nicht wahrgenommen! Deswegen ist das Kind umso<br />

empfänglicher für Suggestionen seitens des Interviewers, denn die Suggestion bedeutet eine<br />

Art Fluchthilfe aus <strong>der</strong> mühsamen Situation.<br />

<strong>Herausfor<strong>der</strong>ungen</strong> <strong>der</strong> <strong>Familienmedizin</strong> – Sammelband <strong>der</strong> Seminararbeiten von Studenten <strong>der</strong> medizinischen<br />

Fakultät <strong>der</strong> Universität in Maribor (MF UM), 2007/2008

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